Glathe, Alfred (1887 – 1954), Kaufmann in Tsingtau und Shanghai.

Alfred Glathe wurde am 25.6.1887 in Leisnig / Sachsen geboren als Sohn des Kaufmanns Ernst Glathe und der Elisabeth, geb. Röder. Im Jahre 1909, mit 22 Jahren, kam er nach Tsingtau und arbeitete bis zum Beginn des 1. Weltkrieges als kaufmännischer Angestellter in der großen Kaufhaus-Firma Sietas, Plambeck & Co. Einer seiner Kollegen dort war Ludwig Witt, der bereits 1902-03 zu dieser Firma gekommen war, mit dem er später in Shanghai zusammen gearbeitet hat. Sietas, Plambeck & Co. erwarb 1910 auch das Prinz-Heinrich-Hotel und das Strandhotel, baute 1912 das Logierhaus und kaufte schließlich 1914 auch noch das Central Hotel. Von den 5 Mitinhabern der Firma lebten 2 in Tsingtau: Carl Rohde und Hans Augustesen. Zu dem letzteren scheint Glathe in eine nähere Beziehung gekommen zu sein, die ihm nach dem Kriege von Nutzen war. Am 27.9.1913 heiratete er in Tsingtau die Schweizerin Erika Wyss, Tochter des Festungsbeamten Wyss in Andermatt. Erika war 1891 in Airolo geboren worden. Dem Paar wurde in Tsingtau der Sohn Harry am 20.7.1914 geboren, 12 Tage vor Kriegsbeginn. Frau Glathe und Sohn verließen daraufhin Tsingtau, sie kehrte in die Schweiz zurück. Während der Belagerung wirkte Glathe bei der Verteidigung mit und war dementsprechend von Nov. 1914 bis 1920 in japanischer Kriegsgefangenschaft. Hans Augustesen und seine Familie war nach der Besetzung Tsingtaus durch die Japaner nicht behelligt worden, abgesehen davon, dass die Firma Sietas, Plambeck & Co erlosch und der gesamte deutsche Immobilienbesitz von den Japanern beschlagnahmt wurde. Im Dezember 1917 verließ Augustesen mit Frau und Kindern doch die Stadt und ging nach Shanghai. Es ist nicht klar, ob Augustesen 1919 China verlassen musste, wie damals die meisten Deutschen, oder ob es ihm durch gute Beziehungen zu Chinesen doch gelang, in Shanghai zu bleiben. Wenn nicht, wird er spätestens 1920 wieder in diese Stadt zurückgekehrt sein und eine neue Firma gegründet haben, die Firma: H.C. Augustesen, China Trade. Es war eine Import – Export Firma mit einem Ingenieur Büro. Alfred Glathe und Ludwig Witt kehrten nach der Entlassung in Japan nach China zurück und traten in Augustesens Firma ein, bei der sie später Mitinhaber wurden. Frau Erika Glathe und Sohn Harry kamen 1925 aus der Schweiz nach Shanghai zurück. Bald danach wurde die Tochter Verra geboren.

Die Augustesen Firma scheint sehr erfolgreich gewesen zu sein, denn das Adressbuch von 1925 verzeichnet 5 Mitinhaber: Augustesen, Glathe, P. Hansen (Mukden), L.A. Witt (Hankou), A.H. Schmidt (Niuzhuang) und 14 deutsche Angestellte. Jedoch starb Hans Augustesen bereits im August 1926. Glathe und Ludwig Witt gründeten daraufhin gemeinsam eine eigene mittelständische Import-Export Firma unter dem Namen: Glathe & Witt. Die Geschäftsadresse war später in 410 Szechuan Road. Ludwig Witt blieb bis 1927 mit Frau und Töchtern in Hankou, siedelte dann aber doch nach Shanghai über. Er ist offensichtlich zwischen Nov. 1935 und März 1937 gestorben. Die Witwe Sophie Witt wird im Adressbuch 1937 noch erwähnt, ab 1938 nicht mehr. Der Sohn Harry Glathe wird 1937 ff. als Kaufmann in der Firma seines Vaters erwähnt.

In den 1930iger Jahren war Glathe dann der Vorsitzende der Deutschen Gemeinde Shanghai, und vom 1. Mai 1941 bis 1943 Mitglied des Shanghai Municipal Council. Nach dem Krieg wurde Glathe im Juli 1946, wie viele andere Chinadeutsche, auf der „Marine Robin“ nach Deutschland repatriiert. Er fand sofort eine Beschäftigung von 1946 bis 1951 als geschäfts-führendes Vorstandsmitglied des Ostasiatischen Vereins e.V. in Hamburg. In den Jahren bis 1951 hat er sich tatkräftig um die Rückführung der Chinadeutschen gekümmert, auch hielt er Verbindung zu den 21 früheren Angehörigen des „Büros Ehrhardt“, die Anfang 1947 in Shanghai von einem amerikanischen „Militärgericht“ (das keins war und keins sein konnte) zu Gefängnisstrafen verurteilt und nach Landsberg ins Gefängnis überwiesen worden waren. Der Prozeß war gesetz- und  völkerrechtswidrig durchgeführt worden, alle Urteile wurden 1950 vom US Supreme Court bedingungslos aufgehoben.

Glathe gründete 1949 in der Nachfolge der Ostasiatischen Rundschau, die nicht wieder aufgelegt wurde, die Übersee Rundschau, in Zusammenarbeit mit dem Afrika-Verein und dem Ibero-Amerika-Verein. Die Zeitschrift erschien monatlich. 1954 ist Glathe gestorben.

(Benutzte Quellen: Tsingtauer Adressbücher; Evangel. Kirchenbuch Tsingtau; ADO 1925-39.; Bernd Eberstein: „Der Ostasiatische Verein 1900 – 2000“. In dem Buch, S. 141, ein Foto A. Glathes; Astrid Freyeisen: „Shanghai und die Politik des Dritten Reiches“. – H.-J. Schmidt in: www.tsingtau.info )