Rothkegel, Curt (1876-1945), Architekt

Curt Rothkegel, (1876 – 1945) , Architekt in China 1903 bis 1929.

Zusammengestellt von Wilhelm Matzat, Bonn.

Einleitung:

Am 23. Oktober 2010 wird es in Tsingtau in der Christuskirche einen Festgottesdienst geben in Erinnerung daran, dass vor genau 100 Jahren am 23.10.1910 diese Kirche eingeweiht wurde. Sie war keine Garnisonskirche, wie häufig fälschlicherweise behauptet wird, denn sie wurde vom damaligen Evangelischen Kirchenausschuss in Berlin für die protestantische Zivilgemeinde errichtet, der die gesamten Baukosten (236000 Mark)  trug, die durch Spenden und Sponsoren zusammengekommen waren. Das Gouvernement in Tsingtau schenkte lediglich das Grundstück.  Rechtzeitig zur damaligen Eröffnung war eine Orgel aufgestellt worden, die von der Firma Gebr. Link in Giengen gebaut worden war. Die Kommunisten haben dann im Dezember 1949 die Kirche geschlossen und später auch die Orgel weg-geschafft, wahrscheinlich nach Peking. 1980 wurde die Kirche restauriert und den chinesi-schen Protestanten zur Benutzung überlassen. Erst jetzt zum Jubiläum ist eine Orgel gestiftet worden, gebaut von der Firma Jäger & Brommer in Waldkirch. Die Orgel ist inzwischen in Tsingtau eingetroffen und wird am 23. Okt. 2010 zum ersten Male ertönen.

Bei dem Festgottesdienst wird auch Pfarrer Dr. Karl-Heinz Schell aus Peking mitwirken, dessen Pfarrbezirksprengel von Shenyang bis nach Tsingtau reicht.

Der Architekturentwurf für die Christuskirche stammt von Curt Rothkegel, der von 1903 bis 1929 als Architekt in China tätig war. Von den vielen Gebäuden, die er in China entworfen und z.T. auch gebaut hat, ist die Christuskirche das markanteste und noch ständig benutzte, seit 100 Jahren in derselben Funktion.  Aus Anlass dieses Tsingtauer Jubiläums habe ich versucht, einmal eine einigermaßen zusammenhängende Biographie von Rothkegel zu verfassen. Bis jetzt lagen mir nur einzelne Berichte und Notizen verschiedener Familien-mitglieder vor. Allerdings liegt der Schwerpunkt meiner Darstellung notwendigerweise etwas einseitig auf Rothkegels baulichen Aktivitäten.           Wilhelm Matzat, Bonn im Sept. 2010

Biographie

Die beste Übersicht über Rothkegels Bauten in China erhält man in dem Buch von Torsten Warner, das dreisprachig erschienen ist, mit dem Titel: „Deutsche Architektur in China“, Berlin 1994.  Wenn in dem folgenden Text ein Rothkegel Gebäude erwähnt wird, das auch bei Warner abgehandelt wird, dann erfolgt in Klammern in Kursivschrift ein Hinweis auf die Seitenzahl in Warners Buch, wo Fotos und weitere Details zu sehen sind. –  Rothkegels Bauten in Tsingtau sind zusätzlich abgebildet in dem Buch von Yuan Bin-jiu: „German Architecture in Qingdao“, Beijing 2009. Auch in diesem Fall wird auf die Seitenzahl in Yuans Buch verwiesen.

Curt Rothkegel wurde am 24. Mai 1876 in Groß Strehlitz, Oberschlesien, geboren, als Sohn des dortigen Gymnasiallehrers Franz Rothkegel und der Anna Rothkegel, geb. Salzbrunn.

Der Vater wurde 1885 nach Glatz versetzt, wo Curt auf das Gymnasium kam. Er soll ein sehr lebhaftes Kind gewesen sein mit wenig Lust zum Lernen, so dass er im Unterricht nicht gut mitkam. Schon nach dem 1. Viertel in der Quarta (er war also 13 oder 14 Jahre alt) wurde er deshalb aus der Schule genommen und in die Lehre beim Maurermeister Gießer in Glatz gegeben. Er schloss diese mit der Gesellenprüfung ab und besuchte anschließend die Baugewerkschule in Breslau. Er erzielte ein besonders gutes Abschlussexamen, dieses führte auf Grund des sog. Künstlerparagraphen zur Ablegung einer weiteren mehr wissenschaftlich gehaltenen Prüfung. Sie berechtigte zum Militärdienst als Einjährig Freiwilliger. Er diente sein Jahr bei den 6. Pionieren in Neiße ab und wurde später Reserveoffizier bei dem Bataillon. Daraufhin hat er einige Semester als Gasthörer an der TH in Charlottenburg Architektur studiert. Dann war er als Bauführer in Westdeutschland bei verschiedenen Firmen tätig, u.a. in Trier. In Rhede (Bezirk Münster) leitete er 2 Jahre lang den Bau einer Kirche. (Die Familie Rothkegel war altkatholisch.)

Anscheinend reizte es ihn, auch einmal im Ausland tätig zu sein. So wird er eines Tages auf eine Anzeige des Reichsmarineamtes gestoßen sein, in der für die Bauabteilung des Gouvernements in Tsingtau Bauführer gesucht wurden. Rothkegel bewarb sich und wurde genommen. Er war 27 Jahre alt, als er 1903 in Tsingtau eintraf. Da dort seit 1898 auf der „grünen Wiese“ eine ganz neue Stadt im Entstehen war, gab es genug Bauaufgaben. Rothkegel war zwar Angestellter der dortigen amtlichen Hochbauabteilung, hatte aber anscheinend genug Muße, sich auch an privaten Architektur-Wettbewerben zu beteiligen. Gleich im ersten Jahr dort, 1904, gewann er den 1. Preis für seinen Entwurf eines großen Theater- und Konzertsaales des Prinz Heinrich Hotels in Tsingtau. Dieser wurde dann auch 1905 nach seinem Plan errichtet. (Warner S. 262-63. Yuan S. 384. Das Gebäude ist jetzt  abgerissen.) Die Arbeitsbedingungen in der Hochbauabteilung des Gouvernements scheinen Rothkegel nicht gefallen zu haben, denn schon im Herbst 1904 schied er aus und gründete sein eigenes „Atelier für Architectur und Kunsthandwerk“, das Geschäftslokal lag in der Tirpitzstraße 141. Als (kurzfristigen) Mitarbeiter gewann er W. Borchmann, der bis dahin als Techniker in der Baufirma Lieb & Leu beschäftigt gewesen war.

Am Abend des 15. April 1904 brannte in Seoul der Kaiserpalast total ab, der fast vollständig aus Holzbauten bestanden hatte.  Der Kaiser floh in die Bibliothek, das einzige Steinhaus auf dem Gelände. Da dieses von einer hohen Mauer umgeben war, beschränkte sich der Brand auf das Palastareal. Der Kaiserhof beschloss, den neuen Palast im „europäischen Stil“ errichten zu lassen. Einige in Korea tätige Deutsche, wie der Bergingenieur Kegel und der Leibarzt des Kaisers, Dr. Wunsch, hatten den Ehrgeiz, für den Palastneubau einen deutschen Architekten durchzusetzen. Unterstützt dabei wurden sie sicherlich von der deutschen Hofzeremonienmeisterin Fräulein Antoinette Sontag. Man wandte sich an die Hochbauabteilung des Gouvernements in Tsingtau, ob sie einen deutschen Architekten für dieses Projekt empfehlen könne. Ein dortiges Mitglied, der Architekt Lazarowicz, war mit Rothkegel seit dessen Ankunft in Tsingtau befreundet. Jener empfahl also Rothkegel, immerhin hatte der Gewinn des 1. Preises für den Entwurf zum großen Festsaal des Prinz Heinrich Hotels ihn mit einem Schlag bekannt gemacht. Ein Kriegsschiff des Ostasiatischen Kreuzergeschwaders brachte ihn Anfang 1905  nach Korea. Nachdem er von den Wünschen und dem Gelände Kenntnis genommen hatte, entwarf er die Bauskizzen und in einer Audienz beim Kaiser wurde ihm der Bauauftrag erteilt.  Rothkegel begann im  Frühjahr 1905 mit den Vermessungen und Absteckungen. Leider tobte zu der Zeit gerade der Russisch-Japanische Krieg (1904-05), und in vielen Städten Koreas waren japanische Truppen einmarschiert, die sich als die eigentlichen Herren Koreas aufführten. Den Japanern war Rothkegels Tätigkeit unwillkommen. Er wurde ständig von japanischen Agenten beschattet, und schließlich wurde der Kaiser genötigt, das Bauprojekt aufzugeben. Im übrigen hatte Rothkegel auch von hohen koreanischen Beamten den Auftrag erhalten, Villen für sie zu entwerfen. Die politischen Umstände verhinderten also die Ausführung der koreanischen Projekte und Rothkegel wurde auf einem deutschen Kriegsschiff nach Tsingtau zurückgebracht. Da er ein stattliches Honorar bekommen hatte, konnte er trotzdem zufrieden sein.

In Tsingtau lieferte Rothkegel in den Jahren 1905-06 die Entwürfe für 9 Villen und Wohnhäuser und den Plan für eine große Geschäftshausanlage, die auch alle gebaut wurden. Leider wissen wir nicht, um welche Häuser es sich gehandelt hat. Man darf vermuten, dass darunter die Larz Apotheke war (Warner S.288-8. Yuan S.169) und die Pension der Helene Luther (Warner S.274-75. Yuan S.214. Beide Häuser stehen noch.)

Im Jahre 1905 gewann er den 1. Preis für den Entwurf zum deutschen Club Concordia in Tientsin (Warner S.64-65). Anscheinend war mit der Preisverleihung die Bedingung verknüpft, auch die Baupläne auszuarbeiten und die Bauleitung zu übernehmen. Dies hatte zur Folge, dass Rothkegel 1906 nach Tientsin übersiedelte,  obwohl sein offizieller Wohnsitz noch bis Herbst 1907 in Tsingtau registriert war.  Auch in Tientsin  hat er bis 1909 wieder eine größere Anzahl von Wohn- und Geschäftshäusern erbaut, ebenfalls im Seebad Beidaihe.

In Tsingtau hatte das Gouvernement im Jahre 1899 eine protestantische Kapelle bauen lassen. Im Jahre 1907 beschloss der Evangelische Kirchenausschuss in Berlin, für die evan-gelische Zivilgemeinde in Tsingtau eine größere Kirche errichten zu lassen. Der Ausschuss trug die gesamten Baukosten, die durch Spenden und Sponsoren finanziert werden konnten. Im Februar 1907 erschien in den Zeitungen eine Anzeige mit dem „Ausschreiben zu einem Wettbewerb für eine evangelische Kirche in Tsingtau“. Nur Architekten, die ihren Wohnsitz in Ostasien hatten, durften daran teilnehmen. Elf Entwürfe gingen ein, darunter auch einer von Rothkegel. Am 18.7.1907 wurde das Ergebnis verkündet, Rothkegel erhielt den 1. Preis (1500.- $), und von 1908-10 wurde die Christuskirche nach seinem Entwurf (mit einigen Abwandlungen) gebaut. ( Warner S. 244-47. Yuan S.54) Am 23. Okt. 2010 wird es in dieser Kirche, die seit 1980 von den chinesischen Protestanten benutzt wird, eine Gedenkfeier zum 100jährigen Jubiläum der Einweihung geben.

Im Herbst 1908 musste Rothkegel eine dramatische Bausituation überstehen. Die amerikanische Marine schickte in dem Jahr eine repräsentative Flotille auf eine Art Freundschaftsreise um die Welt. Der Besuch in China sollte in Amoy (Xiamen) stattfinden. Die chinesischen Behörden übertrugen alle Vorbereitungen zu diesem Empfang einer deutschen Großhandelsfirma. Sie engagierte Rothkegel für die Errichtung der (temporären) Baulichkeiten. Als er eintraf, war nicht mehr viel Zeit, so dass fieberhaft gearbeitet werden musste. Aber alles war fast fertig, als ein gewaltiger Taifun alles zusammenwehte und stellenweise 5 Meter hoch überschwemmte. Nach dem Abflauen des Sturmes blieben nur noch wenige Tage bis zur Ankunft der Flotte, jedoch wurde alles geschafft und wieder hergestellt. Nur die Siemens-Maschinen für den elektrischen Strom waren total unter dem schlammigen Sand begraben. Immerhin hatten Rothkegel und die Arbeiter sich angeseilt und die Maschinen mit Ketten und Schnüren vorm Wegschwemmen gerettet. Als Ersatz für das ausfallende elektrische Licht begann die Behörde, an der Küste nördlich und südlich Amoys alle Petroleumlampen einzusammeln. Trotzdem wurden auch die Siemens-Lichtmaschinen freigelegt und nach tagelangem Säubern noch gerade rechtzeitig zum Empfang funktionsfähig gemacht. Dass Rothkegel die Chinesen vor einer Blamage bewahrt hatte verschaffte ihm bei ihnen ein hohes Ansehen. Der chinesische Delegierte sagte zu Rothkegel nach Absolvierung des Empfanges: „Ich liebe hart arbeitende Männer und hoffe, Sie bald mit einer Ordens-auszeichnung begrüßen zu können.“  Den Orden hat er nie erhalten, weil der Delegierte bald aus dem Staatsdienst ausschied.

Rothkegel war per Schiff nach Amoy gekommen. Er kehrte nun auf dem Landweg, wegen des Räuberunwesens von einer Militäreskorte begleitet,  nach Tientsin zurück, fuhr aber gleich weiter über Sibirien, um rechtzeitig zu Weihnachten 1908 bei seinen Eltern und Geschwistern in Ziegenhals zu sein. Der Ort liegt am Fuße des Altvatergebirges. Bei einem Ausflug dahin verlobte sich Curt mit Gertrud, der Tochter des Fabrikanten Waldemar Zimmermann in Mittel-Neuland bei Neiße (Weigelwerke A.G.). Am 20.2.1909 fand in Neiße eine große Hochzeit statt und anschließend reiste das Paar über Sibirien nach Tientsin, wo es am 15. März eintraf, morgens um 6.45 Uhr. Obwohl noch stockdunkel, waren 15 Herren der deutschen Kolonie zum Empfang erschienen. Es ist dies ein Indiz, welches Ansehen sich Rothkegel bereits in der deutschen Gemeinde erworben hatte.

1909 beschloss der Tsingtau Club, der bis dahin in gemieteten Räumen im Bodewig Haus sich etabliert hatte, ein eigenes Gebäude zu errichten, an der Ecke von Kaiser-Wilhelm-Ufer und Friedrichstraße. Es gab eine Ausschreibung und wieder gewann Rothkegel den 1. Preis, und das Klubgebäude wurde dann auch nach seinen Plänen erbaut. (Warner S. 262-63. Yuan S.221.  Es steht auch heute noch.)

In aller Öffentlichkeit wurde 1909 ein bedeutendes Bauprojekt für Peking erörtert, die Errichtung eines „Parlamentsgebäudes“. Die kaiserliche Regierung hatte sich 1905/06  endgültig für eine Reformpolitik entschieden. Eine offizielle Kommission, die verschiedene Staaten besucht hatte, um deren Verfassung zu studieren, kam im August 1906 zurück und empfahl die Einführung einer konstitutionellen Monarchie. Dementsprechend  ordnete die Kaiserinwitwe Cixi  im Februar 1907 die Etablierung einer Kaiserlichen Konsultativ Ver-sammlung an, die eine beratende Funktion haben sollte. Als Standort für das zu errichtende Versammlungsgebäude wurde im Juli 1907 in der äußersten Südostecke der Mandschustadt der Platz bestimmt, wo früher die Kaiserlichen Examenshallen gestanden hatten. Es ist unklar, warum auch nach 2 Jahren, also 1909, noch immer keine endgültige Bauentscheidung zustande gekommen war. Wahrscheinlich hat der Tod des Kaisers Guangxu am 14.11.1908 und von Cixi einen Tag später zu einem Entscheidungsstau geführt. Rothkegel, im März 1909 frisch verheiratet nach Tientsin zurückgekehrt, hoffte sicherlich auch, wie viele andere Architekten, den Auftrag für dieses gewaltige Bauprojekt zu erhalten. Auf jeden Fall reiste er häufig nach Peking, um Fühlung mit maßgebenden Herren der chinesischen Regierung zu nehmen und Wünsche kennen zu lernen. Es bleibt ein Geheimnis, wie es Rothkegel tatsächlich gelungen ist, den Bauauftrag zu erhalten. Es wurde schon geschildert, wie er ein Jahr vorher in Amoy die chinesische Regierung vor einer Blamage gerettet hatte. Offen-sichtlich hatte er dadurch bei dieser ein Stein im Brett. Am 7.April 1910 unterzeichnete er den Vertrag mit dem Kaiserlichen Bauamt. Seine Pläne wurden im Juli dem Thron vorgelegt und im Dezember 1910 wurde das Geld bewilligt.(Warner,S.34-38) Das zu erbauende Parlaments-gebäude  sollte ungefähr doppelt so groß werden wie der Reichstag in Berlin. Als Mitarbeiter für dieses riesige Projekt holte Rothkegel sich 2 junge Architekten aus Deutschland. Außerdem zog er 1911 mit seiner Familie nach Peking um, behielt aber in Tientsin ein Zweigbüro mit Angestellten, denn seinem Architekturbüro war nun auch eine Baufirma angegliedert.

In Peking konnten Ausländer kein Grundeigentum erwerben. Rothkegel mietete im Nordosten der Mandschustadt die chinesische Wohnung eines früheren Ministers. Es bestand aus einem großen Garten, in dem eine Anzahl kleinerer eingeschossiger Häuser gebaut waren, die durch z.T. überdeckte Gänge verbunden waren. Das Dienstpersonal bestand aus 14 Köpfen. Frau Rothkegel, als „Taitai“, durfte natürlich nicht im Haushalt arbeiten. Neben ihren gesellschaft-lichen Verpflichtungen und dem Ausreiten mit ihrem Mann zusammen wird sie sich der Erziehung ihrer 2 Söhne gewidmet haben. Dem Paar waren 2 Söhne geboren worden: Am 19.04.1910 in Tientsin Franz-Waldemar und in Peking am 14.03.1912 Helmut. Die Taufe durch den evangel. Gouvernementspfarrer Winter aus Tsingtau wurde jedes Mal im Haus der Rothkegels vorgenommen, am 28.10.1910 in Tientsin, am 25.10.1912 in Peking. Franz hatte 8 Paten, darunter Lazarowicz und Curts Bruder Walther.  Helmut hatte 7 Paten, darunter Dr. Friedrich Solger, Prof. für Geologie in Peking, und Alfred Busch, Kaufmann in Tientsin.

1910 entwarf er für den kaiserlichen Prinzen Tsai-Hsün eine größere Villa in Peking und besorgte auch den Bau derselben. Aufgrund unseriösen Verhaltens einer Firma in Deutsch-land  kam es zu Terminschwierigkeiten. Der Grund: Für die Verglasung hatte Rothkegel Glas erster Güte bestellt. Als nach Monaten die Sendung eintraf, waren die Scheiben fehlerhaft und verzerrten den Durchblick. Die Beschwerde wurde so beantwortet: „Es ist üblich, deutsche zweite Qualität für China als erste zu liefern“ !

Spätestens im Dezember 1910 begann also der Bau des riesigen Gebäudes für die Kaiserliche Konsultativ-Versammlung (Warner S.34-39) Bei der zuständigen Baukommission führte Prinz Pulun, ein Vetter des Kaisers Puyi, den Vorsitz. Pulun ließ sich ein Wohnhaus im europäischen Stil errichten, der Bauentwurf stammte von Rothkegel. Die Ehepaare Pulun und Rothkegel besuchten sich mehrmals gegenseitig, selbst die Kinder wurden mitgenommen. Da brach am 10.11.1911 in Wuhan die Revolution aus, die im Frühjahr zur Abdankung der Mandschu-Dynastie führte. Die neue Regierungsmannschaft um Präsident Yuan Schi-kai beschloss im Frühjahr 1912,  das Parlamentsgebäude zunächst nicht weiter bauen zu lassen. Immerhin waren die Grundmauern bis zu 1 m Höhe über der Erde fertiggestellt und von den geplanten Baukosten von 5,4 Mill. Goldmark waren rund 1 Million Goldmark bereits aus-gegeben. Endgültig wurde der Vertrag erst 1914 annulliert. Interessant ist nun, dass es Roth-kegel nahtlos gelang, auch zu den neuen Machthabern der Republik gute geschäftliche Beziehungen zu unterhalten. Verblüffenderweise erhielt er sofort den Auftrag, nun das provisorische Tagungsgebäude für die Nationalversammlung der Republik zu bauen. Der Bau begann im Herbst 1912 und wurde April 1913 fertig. Bis 1924 tagte dort das chinesische Parlament. (Warner S.40-41.  Das Gebäude steht auch heute noch.)

1910 hatte es eine Ausschreibung für den Bau des Internationalen Clubs in Peking gegeben. Auch diesen Wettbewerb gewann Rothkegel und seine Firma führte den Bau aus von März 1911 bis Oktober 1912 mit samt der Innenausstattung. (Warner S. 50. Noch heute vorhanden.)

1911 fand in Dresden die I. Internationale Hygiene-Ausstellung statt, an der sich auch China beteiligte. Der Entwurf im chinesischen Stil für den dortigen Pavillon des Chinesischen Reiches stammte von Rothkegel. – 1912 führte er den Umbau des Wohnpalastes „Schwe wu sche“ der verstorbenen Kaiserinwitwe Cixi durch. – 1913 erhielt er den Auftrag zum Umbau des Museumsgebäudes in der Kaiserstadt sowie zur Neuausstattung der Inneneinrichtung.

Es ist unglaublich, wie viele Aufträge er in den Jahren 1912 bis 1914 einheimsen konnte. Er beschäftigte in seiner Firma jetzt 5 deutsche Architekten. Als er seine Baufirma gründete, hatte er diese unter dem Namen „Curt Rothkegel“ im Handelsregister des deutschen Generalkonsulats in Tientsin registrieren lassen. Am 5.7.1913 ließ er diese löschen und am nächsten Tag meldete das „Tageblatt für Nord-China“: „Im hiesigen Handelsregister ist am 5.7.1913 die Gesellschaft mit beschränkter Haftung Rothkegel & Co. Architektur- und  Ingenieurbüro mit dem Sitze in Peking und einer Zweigniederlassung in Tientsin eingetragen worden. Geschäftsführer sind der Architekt Curt Rothkegel in Peking und der Architekt Walther Frey in Tientsin.“   Bald danach absolvierte das Ehepaar Rothkegel einen Besuch in Deutschland. Sie fuhr mit den 2 Söhnen und einer Amah per Schiff, er reiste mit der Bahn über Sibirien. Im Frühjahr 1914 kam die Familie wieder zurück nach Peking.

Vorteilhaft für den geschäftlichen Erfolg war der Umstand, dass die Rothkegels, wenn auch etwas mühsam, Chinesisch gelernt hatten, so dass bei den Verhandlungen kein Dolmetscher nötig war. Regierungsbauten wurden durch öffentliche Ausschreibungen vergeben. Welch guten Ruf Rothkegel sich bei den Regierungsstellen erworben hatte, zeigt folgende Episode. Als wieder einmal bei einem größeren Projekt der Minister (M) sich die verschiedenen Entwürfe zeigen ließ, fragte er schließlich: „Wo ist das Angebot von Rothkegel & Co.?“ Antwort (A): „Es liegt keines vor“. M: „Dann fragen Sie nach“. A: „Aber der Annahmetermin ist verstrichen“. M: „Nicht für Herrn R.“ A: „R & Co fallen unter die teuersten“. M: „Dafür garantiert Herr R. für seine Bauten“. –   Wegen Auftragsüberlastung konnte R. nicht teilnehmen.

Im Juni 1914 gewann er wieder einen besonders großen Auftrag: er sollte alle Gebäude des neuen Staatsrates im Nanhaigelände der (ehemaligen) Kaiserstadt errichten  (direkt westlich der Verbotenen Stadt), außerdem das Krönungspalais für Yuan Shi-kai, der den Plan hatte, sich selbst zum Kaiser zu ernennen und eine neue Dynastie zu gründen.

Da brach am 1. August 1914 der Krieg aus. Der damalige Geschäftsträger der dt. Gesandt-schaft, Legationsrat Freiherr Ago von Maltzan, teilte Rothkegel mit: „Auf Grund Ihrer guten Beziehungen zu hohen chinesischen Regierungskreisen empfiehlt die deutsche kaiserliche Regierung, dass Sie nicht nach Tsingtau einrücken“. Aber es widersprach wohl seinem patriotischem Ehrgefühl, sich vor einem Kriegsdienst drücken zu wollen. Außerdem meinte er, die dt. Besatzung in Tsingtau habe keinen Pionieroffizier, deswegen sei er dort nötig. Am 5.8. reiste er zusammen mit den 5 von ihm beschäftigten Architekten (darunter auch Walther Frey) nach Tsingtau ab und beteiligte sich bei der Verteidigung der Stadt als Hauptmann  der Landwehr in der Marine-Pionier-Kompanie des III. Seebataillons.

Es ist eine großartige Leistung von Frau Rothkegel, dass sie die Baufirma mehr oder weniger unbeschädigt durch die turbulente Zeit von August 1914 bis Frühjahr 1920 gebracht hat. Ihr Mann übergab ihr bei der Abreise den Geldschrankschlüssel mit den Worten: „Nun musst Du sehen, wie es weitergeht.“ Als Mitarbeiter behielt sie einen deutschen Bauaufseher und aus dem Zweigbüro in Tientsin kam ein Techniker hinzu. Dieser wollte sich aber als Chef aufspielen, so dass sie ihn nach 14 Tagen entließ, bei Weiterzahlung des Gehalts! Die entscheidende Stütze wurde aber der Architekt Werner Lazarowicz aus Tsingtau. Rothkegel war seit seiner Tsingtauer Zeit mit ihm befreundet. Dieser ist der Einzige, der ununter- brochen von Juni 1898 bis Nov. 1914 Mitglied der Hochbauabteilung des dortigen Gouverne-ments gewesen ist. Von ihm stammt der Entwurf zur Residenz des deutschen Gouverneurs in Tsingtau, die 1907 bezogen wurde und heute Museum ist. (Warner S. 206-09) Lazarowicz hatte als Ganzinvalide sich während der Belagerung nicht an militärischen Aktionen beteiligt. So konnte er nach der Besetzung durch die Japaner im November 1914 als Zivilist aus Tsingtau ausreisen. Rothkegel bat ihn, nach Peking zu gehen und Mitarbeiter in seiner Baufirma zu werden. Frau Rothkegel schreibt dazu in ihren Erinnerungen: „Er war sehr kunstsinnig und als Beamter nicht gewöhnt zu rechnen, was aber für ein Geschäft unablässig ist. Es dauerte ein volles Jahr bis wir beide uns ‚eingebissen’ hatten, denn ich wollte gemäss der Arbeitsweise meines Mannes alles weiterleiten. … Ich hatte es gut, alle Chinesen waren hülfreich, doch einen gab es, der gar zu gern mir Steine in den Weg hätte werfen wollen.“  Immerhin wurden das Museumsgebäude in der Kaierstadt und die Diensträume des Staats-rates terminmäßig fertig gestellt, nur der Dschang-schi-tang, der Krönungspalast blieb im Rohbau liegen, da wegen des Krieges alle aus Deutschland bestellten Materialien für Zentralheizung, Lichtanlagen usw. nicht mehr durchkamen. Während der Errichtung der Staatsratsgebäude hatten Frau Rothkegel, Lazarowicz, der Bauaufseher und die chinesischen Arbeiter der Firma einen speziellen Ausweis, der am Eingang zum stark bewachten neuen Regierungsviertel am Nanhai kontrolliert wurde.

Als der Straßenverkehr innerhalb Pekings immer mehr zunahm, beschloss das Verkehrs-ministerium 1914/15, eine Straßenbahnverbindung von der Mandschustadt zur Chinesenstadt einzurichten. Mit der Planung des Verkehrskonzeptes wurde Rothkegel noch kurz vor Kriegs-ausbruch beauftragt. Noch ehe er nach Tsingtau sich begab konnte er die Projektbearbeitung fertig stellen. Mit der Ausführung dieses Planes wurde unter Leitung von Frau Rothkegel erst 1915 begonnen,  und sie scheint sich bis 1916 hingezogen zu haben.  Das Qianmen, das Südtor der Mandschustadt, bestand aus 2 mächtigen Torgebäuden, dem inneren und dem äußeren. Beide waren durch eine halbkreisförmige Mauer verbunden. Diese wurde beseitigt. Durch die Stadtmauer wurden 4 breite Durchfahrten gebrochen, 2 davon für die Straßenbahn. Das äußere sehr schlichte Tor sollte ein Ausstellungsgebäude werden. Rothkegel ließ deshalb an der Nordseite 2 Treppenaufgänge errichten. Sie führten zur ehemaligen Mauerkrone, die zu einer Aussichtsplattform umgestaltet wurde. Diese wurde als 1,60 m breiter Balkon um das ganze Gebäude herum geführt. Zwei der 3 Fensterreihen erhielten halbkreisförmige, weiße Gesimsbänder, wohl um der schlichten, grauen Fassade einen mehr palastartigen Charakter zu verleihen. (Warner S. 28-33) Rothkegels Gestaltung des äußeren Qianmen ist auch heute noch unverändert zu sehen. Dass er einem alten chinesischen Gebäude noch „europäische“ Stilelemente hinzufügte, ist von einigen als „Verunstaltung“ kritisiert worden und scheint auch irgendwie im Widerspruch zu seinen eigenen Prinzipien zu stehen. In seinen autobio-graphischen Notizen berichtet er, dass Bauherren immer wieder die Ausführung von Wünschen erzwangen, die seinem eigenen Gefühl widersprachen. So schreibt er: „Wo die Vorschrift so weit ging, dass es ein Unrecht gewesen wäre, solche Wünsche zu erfüllen, trat ich zurück und konnte damit einmal eine Verschandelung Pekings verhindern. An Stelle des in der Revolution 1911 abgebrannten großen Torgebäudes Dung-hua-men sollte ich ein dem Brandenburger Tor ähnliches Torgebäude errichten, was ich ablehnte. Es ist dann nach Jahren im chinesischen Stil wieder erbaut worden.“

Rothkegel war im Nov. 1914 in Japan in das Lager Kumamoto gebracht worden, wo die Behandlung nicht gut war. Im Juni 1915 gab es eine Verlegung in das Lager Kurume, wo die Haftbedingungen viel lockerer gestaltet waren. So konnte er sich ein eigenes kleines Holzhaus bauen lassen. Nach 3 Jahren, im August 1918, kam dann noch eine Umsiedlung in das Lager Bando. Um seine Chinesischkenntnisse nicht verkümmern zu lassen, nahm er drei Jahre lang im Lager an einem Chinesischkurs teil.  Er schreibt zu dieser Periode: „Die über fünfjährige Kriegsgefangenschaft in Japan konnte von den Wenigsten dauernd in geistig arbeitender Weise – welche vorherrschte – verbracht werden. Es wechselte mit allem Möglichen ab: Arbeit auf kleinen eigenen Beeten, Sport, Alkohol, Kartenspiel aller Art etc.“

Gegen Ende des Weltkrieges wurden die wirtschaftlich-gesellschaftlichen Verhältnisse für die Deutschen in Peking immer schwieriger, besonders nachdem China am 14.3.1917 die diplomatischen Beziehungen abgebrochen und dann am 14.8. den Krieg erklärt hatte. Die deutschen Vermögen wurden beschlagnahmt und ein Teil der deutschen Männer interniert. Die Briten starteten dann nach dem Waffenstillstand eine Kampagne, alle Deutschen aus China nach Deutschland zu repatriieren, im Frühjahr 1919 wurde dieser Plan auch im wesent-lichen durchgeführt. Frau Rothkegel und Lazarowicz waren jedoch von dieser Ausweisung nicht betroffen. Im Dezember 1919 wurde Rothkegel aus der Kriegsgefangenschaft entlassen und kehrte wohl im Januar 1920 zu seiner Frau und den 2 Söhnen nach Peking zurück. Lazarowicz beendete seine Mitarbeit und gründete seine eigene Firma  zusammen mit dem Architekten Paul Hachmeister, der ebenfalls in japanischer Gefangenschaft gewesen war. Hachmeister war ein langjähriger Kollege von Lazarowicz in der Hochbauabteilung des Gouvernements in Tsingtau. Auch Walther Frey, Mitarbeiter bis Aug. 1914 in der Firma Rothkegel & Co., kam aus der Gefangenschaft nach Peking und wurde nun tätig als Architekt in der Pekinger Firma Hunke & Müller.

Rothkegel knüpfte sofort wieder Beziehungen zu Regierungskreisen an. So organisierte er die Gesamtinneneinrichtung der Wohnhäuser des Verkehrsministers Yen und des Finanz-ministers Tsao. Er baute ein Wohngebäude für den Präsidenten der Verkehrsbank in Tientsin, Jen Fun Bao, außerdem mehrere Gebäude für die Waisenanstalt in Hsio Chan bei Peking.

Nach Seoul und Peking erhielt er aus einer dritten Hauptstadt Ostasiens einen Großauftrag: für Urga (Ulan Bator) in der Mongolei entwarf er Pläne zu einem großen Regierungsgebäude, Kasernen und Schulen und für eine Eisenbahnlinie und Straße von Kalgan (Zhangjiakou) nach Urga. Alles dafür war vertrags-unterschrift-fertig, da vereitelte ein Krieg zwischen dem mandschurischen Warlord Zhang Zuolin und der chinesischen Zentralregierung die Aus-führung.

!922 traf die Familie ein schwerer Schicksalschlag: der 12 jährige Sohn Franz-Waldemar starb am 19.05.1922 an Genickstarre. Ein Jahr später begab sich die Familie zu einem Urlaubaufenthalt nach Deutschland. Die Fahrt per Bahn bis Schlesien nahm 25 Tage in Anspruch. Man kam in ein Land mit galoppierender Inflation und letztendlich einer totalen Entwertung der Mark. Da man aber hinreichend Devisen besaß, verursachte dies den Rothkegels keine Beeinträchtigungen. Die Reise hatte auch den Zweck, den 10jährigen Helmut in Deutschland zu lassen und ihm den Besuch einer höheren Schule zu ermöglichen.

Dieser wohnte bei seiner Großmutter in Neiße, wo er das Realgymnasium besuchte.

1924 kehrte das Ehepaar Rothkegel nach China zurück, man verlegte aber den Wohnsitz nach Mukden (Shenyang), wo der berüchtigte Warlord Zhang Zuolin seinen Herrschaftssitz hatte. Dieser hatte ehrgeizige Pläne und beauftragte Rothkegel, für das Arsenal 3 Fabriken zu bauen: die „Schwere Kanonenfabrik“, eine Eisenbetonhalle von 100 x 46 x 12 m Größe, zwei ähnlich große Gebäude für die „Zünderfabrik“ und eine große Halle für die „Patronenfabrik“. Ferner baute er im Arsenal ein Klubgebäude für die Beamten und eine Gedenkhalle. Außerdem fertigte er eine große Anzahl von Projekten an, z.B. ein Stahlwerk von monumentaler Größe, weitere 16 Hallen des Arsenals mit Verschiebebahnhof, Kran-Anlage, ein Stadt-Bebauungsplan u.a.

1926 gewann er wieder einen 1. Preis bei einer Ausschreibung. Diesmal war es der Deutsche Klub in Mukden, den seine Firma dann auch baute. Außerdem baute er die Residenz des französischen Bischofs in Mukden und ein großes Schulgebäude für die französische Mission.

Im Dezember 1926 verließen die Rothkegels China, scheinbar für immer. Zum ersten Mal seit seiner Ausfahrt nach China im Jahre 1903 benutzte Curt wieder die Schiffsroute. In den Jahren dazwischen hatte er die Verbindung mit Deutschland immer nur über Sibirien absolviert. Mukden wurde am 10.12.1926 verlassen, über Dairen ging es zunächst nach Tsingtau, wo er die Stadt besichtigte, sicherlich auch die von ihm entworfenen Gebäude. Außerdem wurde das Kampfgelände von 1914 und der Friedhof mit den 200 Gräbern der gefallenen Tsingtaukämpfer besucht. Das Schiff legte die übliche Route zurück: Shanghai, Hongkong, Manila, Borneo, Singapore, Colombo, Aden. In Suez stieg man aus und fuhr mit dem Auto nach Kairo, besichtigte die Pyramiden und das Museum mit einer ganz neuen, erst 1922 entdeckten Sensation: dem Tut-ench-amun Sarkophag. In Port Said bestieg man wieder das Schiff, das in Neapel endgültig verlassen wurde. Von dort ging es mit der Bahn zunächst nach Rom, Aufenthalt von mehreren Tagen dort, dann weiter über Florenz, Schweiz, Basel, nach Berlin, das Anfang Januar 1927 erreicht wurde.

Die Rothkegels beschlossen, sich in Potsdam niederzulassen. Man kaufte eine hoch über dem Jungfernsee gelegene Villa, die mit großen Kosten ausgebaut und mit chinesischen Möbeln ausgestattet wurde, welche in Peking z.T. bei Versteigerungen aus dem chinesischen Kaiserpalast erworben worden waren.

Im Jahre 1928 holte der ehemalige China-Aufenthalt Curt Rothkegel wieder ein. Anscheinend plante das Auswärtige Amt, in Mukden das Konsulat nicht mehr in gemieteten Räumen unterzubringen, sondern eigene Gebäude zu errichten. Sicherlich wurde auch Rothkegel zu diesem Thema konsultiert, und es kam zu einem ungewöhnlichen „Geschäft“.  Rothkegel legte sein in Mukden hinzu erworbenes Vermögen zum größten Teil in der Weise fest, dass er für das deutsche Konsulat dort auf seine Kosten ein großes Grundstück erwarb und auch die notwendigen Gebäude entwarf und baute. Nachdem in Berlin im A.A. der Vertrag unterschrieben worden war, fuhr Rothkegel, anscheinend alleine, im Zug nach Mukden. Er baute ein Dienstgebäude mit Wohnung für den verheirateten Sekretär, ein Wohnhaus für den Generalkonsul, ein Wohnhaus für einen verheirateten Vize-Konsul mit Dienerhäusern, Pferdestall, Garage, mit großem Garten und Tennisplatz, alles an 3 Straßen gelegen und von einer hohen Mauer umgeben. Nachdem alles fertiggestellt war, verließ Rothkegel China endgültig im Jahre 1929.

In dem Vertrag mit dem A.A. bezüglich des Mukdener Konsulates war festgelegt worden, dass die von Rothkegel ausgelegten  Erwerb- und Baukosten in 10 Jahresraten zusammen mit den Zinsen zurückgezahlt werden sollten, und zwar in der Währung, die von ihm zu bestimmen war. Nach einiger Zeit wollte das A.A., gestützt auf gewisse neuere Bestimmungen, von dieser Abmachung loskommen. Man wollte keine Devisen mehr zahlen, sondern nur deutsches Geld. Die Lage war verzwickt und Curts Bruder Walter Rothkegel, der in Berlin wohnte, übernahm die Verhandlungen mit dem A.A.  Unterstützt wurde er von dem Oberregierungsrat Dr. Schlag von der Rechtsabteilung des Reichsfinanzministeriums, der die notwendigen Tips für die Verhandlungen gab. Schließlich drohte Walter, dass Curt in der Schweiz einen Prozess gegen das Reich führen werde. Das A.A. gab endlich nach und Curt erhielt weiter Devisen ausgezahlt, damit konnte sein Vermögen erhalten bleiben.

Interessant sind Rothkegels Ausführungen zu den damaligen regionalen Unterschieden im Verhalten der chinesischen Partner und Arbeitsbevölkerung, entlang der süd-nördlichen Schiene von Tsingtau über Tientsin und Peking nach Mukden. Er schreibt: „ In Tsingtau herrschte Ordnung und Disziplin auf einer klaren Rechtsgrundlage. Infolgedessen konnte man auf gesicherter Basis vertragsgemäß handeln. Je weiter man nach Norden kam, um so mehr wurde alles labil, die Rechtsverhältnisse unsicher, und ein ‚Paktieren’ trat an ihre Stelle. Ferner nahm nach Norden die Fremdenfeindlichkeit zu, die sich in Mukden in offener und versteckter Sabotage äußerte, teilweise von erschreckendem Ausmaß, die einen fast zum ‚Kulitreiber’ degradierte. Gleichzeitig nahm die Gesittung und handwerkliche Erziehung und Können ab, so dass z.B. in Mukden nicht das erzielt werden konnte, wie etwa in Tsingtau, Tientsin und Peking, trotz erhöhter persönlicher Eingabe“.

Die Villa in Potsdam, mit ihren wertvollen chinesischen Möbeln, war zu einer wirklichen Sehenswürdigkeit geworden. Ohne dass die Rothkegels es wollten, entwickelte sich ein außerordentlich großer gesellschaftlicher Verkehr, der allerdings den Haushalt derart verteuerte, dass man 1932 beschloss, nach Südtirol umzuziehen. Allerdings kam noch ein anderes wichtiges Motiv hinzu. Eine (neue?) Bestimmung in der Devisenordnung besagte, dass Curt seine im Ausland erworbenen Devisen hätte abgeben und gegen Reichsmark umtauschen müssen, wenn er länger als 3 Jahre in Deutschland seinen Wohnsitz genommen hätte. Das Potsdamer Haus, einschließlich der Möbel, wurde vermietet und als Dauerwohnsitz wurde das auf dem „Ritten“ bei Bozen gelegene Klobenstein gewählt, wo ein prächtig gelegenes Haus gemietet wurde. Als jedoch Südtirol in einem Vertrag zwischen Hitler und Mussolini endgültig Italien zugesprochen wurde und eine Unterdrückung der Deutschen dort einsetzte, zogen die Rothkegels noch einmal um, jetzt in das Fürstentum Liechtenstein, weil dort die geringsten Steuern zu zahlen waren. Man wohnte zunächst im Hauptort Vaduz und dann in Mühleholz im Hause der Witwe des Fabrikanten Spörry. Im Jahre 1945 erkrankte Curt Rothkegel an Krebs und starb am 5. Dezember 1945. Er wurde auf dem Friedhof in Schaan beerdigt.

Frau Gertrud Rothkegel ist dann 1950 zu ihrem Sohn Helmut in Namibia gezogen und verstarb 97jährig am 10. 10. 1978 in Windhoek.