Schüler, Lic.theol. Wilhelm (1869 – 1935), Missionar

* 8.10.1869 in Harmuthsachsen, Kr. Witzenhausen als Sohn des Pfarrers Wilhelm Schüler und seiner zweiten Ehefrau Marie, geb. Weber (+ 1894). Der Vater wurde 1875 versetzt nach Reichensachsen und ist dort noch in demselben Jahr gestorben. Die Mutter hatte 4 unmündige Söhne und verzog im Herbst 1875 nach Eschwege, dann Ostern 1879 nach Marburg a.d.Lahn. Dort besuchte Wilhelm das Gymnasium. Von Begeisterung für die deutsche Kriegsmarine erfüllt, wollte er Seeoffizier werden. Da aber das Geld dafür nicht reichte, beschloß er, in die Handelsmarine einzutreten. Im Herbst 1885 verließ er in der Obersekunda das Gymnasium und wurde Schiffsjunge auf dem Hamburger Segelschiff „Constanze“. Mit ihm machte er eine zehnmonatige Fahrt nach Rangoon in Birma und zurück. Anschließend besuchte er wieder das Gymnasium in Marburg und machte dort Abitur zu Ostern 1889. Studium der Theologie: 3 Sem. in Marburg (Dogmatik bei Herrmann, Philosophie bei Cohen), 2 Sem. in Berlin (Semi-nar bei Harnack), ab 6. Sem. wieder in Marburg (hört viel bei Cohen über Kants System). Besteht das 1. theolog. Examen mit der Note „sehr gut“. Dann für ein halbes Jahr Hauslehrer in Mailand bei einer verwandten Familie, anschließend Reise durch Italien. Er erhält das einjährige Wormser-Luther-Denkmal-Stipendium und verbringt das WS 1893/94 in Berlin (mit Vorlesungen bei Schlatter u. Harnack) und das SS 1894 in Halle (Kähler u.a.). Seit dem 1.10.1894 ist er angestellt als 2. Repetent an der Stipendiatenanstalt in Marburg. Am 4.8.1897 promoviert er zum Lic. theol. mit der Studie: „Der pseudocyprianische Tractat De rebaptis-mate nach Zeit und Ort seiner Entstehung untersucht.“ Am 25.3.1898 besteht er das 2. theolog. Examen in Kassel.

In Tsingtau hatte die Missionsstation des AEPM nach dem frühen Tod von Ernst Faber Sept. 1899 nur noch Richard Wilhelm als Missionar, der gleichzeitig auch das Pfarramt für die evangel. Gemeinde und Garnison wahrnehmen mußte (mit finanzieller Beteiligung des Reichsmarineamtes). Wilhelm wollte vom Pfarramt entbunden werden u. bat um Aussendung eines zweiten Missionars. Der AEPM schrieb diese Stelle aus. Schüler war einer der Bewerber und stellte sich am 11. Juli 1899 in Berlin vor. In den Akten wird vermerkt: „Sein Predigtvortrag war matt“ und ein Mitglied des Gremiums meinte in der Diskussion: „Es fehlt ihm ja das Bedeutende in der äußeren Erscheinung und die Bestimmtheit des Auftretens.“ Trotzdem wurde er genommen und am 10.11.1899 in der Martinskirche Kassels durch Generalsuperintendent Lohr ordiniert. Für die Übergangszeit bis zur Abreise ist Schüler ab 17.11.1899 Hilfsprediger in Weimar. Am 1.2.1900 wird er, zusammen mit dem Vorsitzenden des AEPM, Dr. Arndt, in Berlin von Tirpitz empfangen, am nächsten Tag vom Feldpropst der Armee, Oberkonsistorialrat J. Richter. Die Abordnung ist am 18.2.1900 in der Stadtkirche in Weimar, bei der auch der Großherzog anwesend ist, da er der Präsident des AEPM ist. Anschließend empfängt er Schüler und Dr. Arndt in Privataudienz und stiftet eine Altarbibel für Tsingtau mit der eigenhändigen Widmung: „Des Herrn Wort bleibet in Ewigkeit“. Zwei Tage später findet in der Richelsdorfer Hütte bei Gerstungen die Hochzeit statt mit Hedwig Freiin von Verschuer, Tochter des Egon Freiherr von Verschuer und der Clara, geb. Freiin von Verschuer! Das Paar trennt sich dann, Schüler fährt mit dem Ablösungsdampfer der Reichsmarine von Wilhelmshaven aus, während seine Frau zusammen mit Frl. Salome Blumhardt, der Braut von Richard Wilhelm, nach Genua fährt, von wo sie mit einem Lloyd Dampfer am 3.4.1900 nach China reisen. Schüler trifft am 20.4.1900 (oder 17.4.?) in Tsingtau ein und wird am Hafen von den Missionaren Wilhelm und Lutschewitz abgeholt. Wilhelm segelt ein paar Tage später nach Shanghai seiner Braut entgegen, dort findet auch die Hochzeit statt. Das Ehepaar Wilhelm und Frau Hedwig (genannt Hada) Schüler fahren dann nach Tsingtau.

Dort ist gerade das Missionshaus des AEPM fertig geworden, Wilhelms ziehen in den Südost-, Schülers in den Nordwest-Flügel. Nur ein paar Wochen später, in der Nacht vom 25. zum 26. Mai 1900, zieht ein mächtiger Sturm auf und gegen 11.30 vormittags flog das Dach davon und einige Mauern stürzen ein. Verletzt wurde niemand. Schüler ist nun Pfarrer der Evangelischen Militär- und Zivilgemeinde. Der Gottesdienst-Besuch der Zivilisten ist schwach, im Schnitt sind es 10 Personen. Er unterrichtet ab Okt. 1900 auch an der deutschen Schule 8 Stunden (Religion, Geschichte, Englisch).

Aus den Akten geht hervor, daß Schüler die schlechte Bezahlung bemängelt. Das Reichsmarineamt zahlt dem AEPM nur 3000.- Mark für die Überlassung des Missionars Schüler. Er weist daraufhin, daß der Volksschullehrer Berger beim RMA beantragt hat, sein Gehalt von 4000.- auf 5200.- zu erhöhen. Einfache Bautechniker würden 6000.- Mark erhalten. Am 1.4.1902 wird Schüler voll vom RMA übernommen und zum Gouvernements-pfarrer ernannt. Da das Missionshaus weit draußen liegt, erhält er in der Europäerstadt eine Dienstwohnung am Hohenloheweg. Jedoch bereits August 1904 gibt er dieses Amt – wohl wegen Erfolglosigkeit, er war kein guter Prediger – wieder auf, geht auf Heimaturlaub und zieht nach der Rückkehr wieder in das Missionshaus des AEPM an der Shanghai Straße. Dort wirkt er als Missionar, d.h. hauptsächlich als Lehrer am Deutsch-Chinesischen Seminar des AEPM, zeitweilig auch in Kaomi, bis 1911. In dem Jahr (am 7.2.) verläßt er Tsingtau und wird Pfarrer der Deutschen Evangel. Gemeinde in Shanghai. 1913 kehrt er endgültig nach Deutschland zurück und geht an das Seminar für Orientalische Sprachen (SOS) in Berlin, wo er als Professor für Chinesisch unterrichtet. Noch zweimal hat er China besucht: 1925 und 1929. Am 25.1.1935 ist er in Berlin gestorben. Sein bekanntestes Buch ist der „Abriß der neueren Geschichte Chinas unter besonderer Berücksichtigung der Provinz Schantung.“ Berlin 1912. Es war die gekrönte Preisschrift der Abteilung Tsingtau der Deutschen Kolonialgesellschaft. Nachruf auf ihn von Ferdinand Lessing in der „Ostasiatischen Rundschau“, Febr. 1935. – Hartmut Walravens hat  das  Schriftenverzeichnis Schülers zusammengestellt  und  veröffentlicht im Mitteilungsblatt 1/2004 der Deutschen China-Gesellschaft  Köln,  S. 29 –  41.   Außerdem hat er dort  den  Nachruf von Lessing aus der „Ostasiatischen Rundschau“ 1935 noch einmal abgedruckt, sowie  Schülers Übersetzung  des taoistischen Traktats: „Das Buch des Höchsten von den Taten und Vergeltungen“,  die 1909  in der Kiautschou Post  erschienen war. 

Wilhelm Schüler war verheiratet mit Hedwig Friederike Mathilde Frein von Verschuer, * in Solz 31.1.1881, als Tochter des Fabrikbesitzers Egon Freiherr von Verschuer (1852-1908) und der Clara, geb. Frein von Verschuer (1857-1940). Gestorben am 28.12.1953. Standesamtliche Trauung in Eisenach am 18.2.1900, kirchliche Trauung in der Richelsdorfer Hütte bei Gerstungen am 20.2.1900.

Kinder: 1) Wilfried,* in Tsingtau März 1902. Er wurde Arzt und ist 1930 nachweislich mit Ehefrau Luise und Sohn Peter in Sommerfeld bei Oranienburg, angestellt an einer Lungenheilstätte. Seine Adresse war damals: Berlin-Friedenau, Handjerrystr. 14. – Im Jahre 1957 ist er nachweislich Arzt in Hamburg. 2) Hermann, * in Tsingtau 29.11.1903, ist seit 1.8.1946 Lehrer an der Rudolf Steiner Schule in Hamburg, gestorben 1961. Er wohnte in Hamburg, Isestr. 55, dort auch heute noch eine Tochter. Hermann hatte 4 Kinder. 3) Ingeborg * 20.6.1906 in Tsingtau, getauft durch den Vater im Hause, Patin u.a. Gottliebin Blumhardt 4) Ellinor, wurde am 1.1.1910 in Tsingtau geboren (Taufe durch