Archiv der Kategorie: Biographien

Doenitz, Paul, Dr.phil., (1866 – 1955) Gymnasialprofessor

Geb.: 05.10.1866 in Trebnitz an der Saale; gest. 08.01.1955 in Erfurt.

(Diese biographische Skizze wurde verfasst von Dietrich Doenitz und Wilhelm Matzat)

Paul Julius August Dönitz war das erste Kind des Gutsbesitzers Johann Karl Julius Dönitz und seiner Ehefrau Pauline Friedericke.

Nach dem Besuch der Dorfschule wechselte er 1878 an die Lateinische Hauptschule der Franckeschen Stiftungen in Halle, wo er 1887 sein Abitur ablegte.
 
Es folgte das Studium in den Fächern Geschichte, Geographie und Germanistik in Tübingen, Kiel, Berlin und Halle.  Am 31.10.1891 promovierte er in Halle im Fach Geschichte zum Dr.phil. mit der Dissertation: „Über Ursprung und Bedeutung des Anspruches der Päpste auf Approbation der deutschen Königswahlen.“ (63 S.). Nach abgelegtem Staatsexamen (24. Juli 1893) leistete er das Seminar- und Probejahr an den Königlichen Gymnasien zu Danzig und Strassburg i.Westpreußen ab.

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Tuczeck, Paul, Prof. (1858-1932), Schuldirektor

* 13.6.1858 in Plauen i.V.   Abitur dort 1879. Studium von Mathematik und Physik in Dresden, Heidelberg und Halle. 1885 das 1.Staatsexamen für das höhere Lehramt. Von 1885-87 Studienreferendar in Trier und Düsseldorf. 1887-89 Hauslehrer in Buenos Aires. 1889-98 Lehrer an der deutschen Schule in Valparaiso/Chile. Ostern 1899 bis August 1902 Oberlehrer am Fürstlichen Gymnasium in Sondershausen. Ankunft in Tsingtau 9. Okt. 1902, bis Frühjahr 1920 dort Leiter der Kaiserlichen Gouvernementsschule. Im März 1907 wurde ihm der Charakter als Professor mit dem Range der Räte 4. Klasse verliehen. 1910 erhielt er folgende Ernennungsurkunde: „Im Namen des Kaisers. Der bisherige Oberlehrer Professor Paul Tuczeck wird hiermit zum Direktor der Lehranstalten für europäische Schüler in Tsingtau ernannt und bestellt. Berlin, den 19.9.1910. gez. i.V. v.Tirpitz“.

Bei der Belagerung Tsingtaus im Herbst 1914 war Tuczeck wegen seines Alters nicht im Wehrdienst eingesetzt worden, er hatte sich dem Zivilkommissar Günther zur Verfügung gestellt. Dadurch konnte er nach der Besetzung durch die Japaner in Tsingtau bleiben und ab Januar 1915 den dort verbliebenen Kindern wieder Unterricht erteilen, mit Unterstützung durch Hilfskräfte wie etwa die Missionare R.Wilhelm und J.Voskamp. Im Frühjahr 1920 Rückkehr nach Deutschland, lebte in Braunschweig, wo er am 8.11.1932 gestorben ist. Frau Tuczeck lebte bis 1951 in Braunschweig, zog dann nach Karlsruhe, wo sie 1953 gestorben ist. Das Ehepaar hatte 2 Töchter: Elena Mercedes * Valparaiso 13.1.1893, und Margarethe * Valparaiso 8.5.1894. Letztere heiratete einen Herrn Ruoff, sie lebte um 1978 herum in Karlsruhe. Sie stiftete dem Bundesarchiv-Militärarchiv in Freiburg i.B. die 6 von Tuczeck mit der Hand geschriebenen Jahresberichte der Deutschen Schule in Tsingtau von Jan. 1915 bis Febr. 1920. Es handelt sich bei den 4 letzten Jahresberichten von 1916 bis 1920 um ein Unikat.

Lazarowicz, Werner, (1873-1926), Architekt

Geboren am 22.05.1873 auf dem Gut Sigmundshof in der Provinz Westpreußen., gestorben in Peking 28.04.1926.  Besuch der Schule in Elbing, dann der Hochschule in Danzig. Ausbildung zum Bautechniker.

Als das Deutsche Reich im Jahre 1898 in China an der Bucht von Kiautschou ein Gebiet für 99 Jahre pachtet, um dort einen Flotten- und Handelsstützpunkt einzurichten, ergeben sich logischerweise große Bauaufgaben (Hafenbau, Eisenbahnbau, Städtebau). Das Gebiet untersteht dem Reichsmarineamt und für die zukünftige Bauabteilung wirbt es im Frühjahr 1898 um Personen vom Baufach, die bereit sind, beim Bau der neuen Stadt Tsingtau mitzuwirken. Lazarowicz ist 25 Jahre alt und bewirbt sich für die Hochbauabteilung des Gouvernements in Tsingtau. Er ist der erste von dieser Abteilung, der (zusammen mit Prüß),  in Tsingtau eintrifft (am 16.6.1898). Eigentlich hätte sein zukünftiger „Chef“, der Berliner Stadtbaumeister Max Knopff, gleichzeitig mit ihm ankommen müssen. Dieser war aber noch in Deutschland erkrankt und musste später abfahren, er kam erst am 3.8.1898 an. Eine der ersten ganz wichtigen Baumaßnahmen war die Errichtung eines Lazaretts. Man kann davon ausgehen, dass Lazarowicz, der bald den Spitznamen „Lazarus“ hatte, bei der Errichtung aktiv beteiligt war, denn im 1. Adressbuch Tsingtaus mit dem Stand vom 15.1.1901 wird vom „Techniker Lazarowicz“ als Adresse angegeben: Bürobaracke beim Lazarett“. Im März 1901 bestand er eine Prüfung, unter der Leitung der Regierungsbaumeister Gromsch, Born und Bernatz, als Technischer Sekretär (DAW 15, 03.03.1901).

Er wird dadurch in der Hochbaudirektion neben dem Regierungsbaumeister Karl Strasser der zweite Mann und bleibt es mit diesem zusammen bis 1914. Erst als Strasser 1912 den Titel: Intendantur- und Baurat erhält,  ändert sich auch Lazarowicz’s Titel 1913 zu: Intendantur- und Bausekretär. Gewohnt hat L., der nie geheiratet hat, bis 1914 in dem Haus Lazarettweg 4 (Pingyuan Road),  das offensichtlich eine Dienstwohnung des Gouvernements war.

Obwohl Bauakten und Bauzeichnungen der Tsingtauer Hochbauabteilung in großem Umfang erhalten sind (jetzt im Bundesarchiv-Militärarchiv in Freiburg), ist aus ihnen nur selten zu erkennen, welcher Mitarbeiter welche Entwürfe gemacht hat. Der monatliche Bericht wird meistens pauschal von Strasser unterschrieben. Nur in einem Fall ist die Sachlage eindeutig: für den Bau der neuen Residenz des Gouverneurs am Signalberg wird 1905-07 eine Unterabteilung gebildet, als deren Leiter L. eingesetzt ist. Seine technischen Mitarbeiter sind die Architekten Fritz Biber und Paul Hachmeister. Zwar gibt es mehrere Vorentwürfe anderer Architekten, aber der endgültige Bauentwurf der Residenz stammt von L.  Er hat dann auch die Bauleitung. Diese Residenz ist Lazarowicz’s  „Meisterstück“, sie ist heute Museum und von den Touristen viel besucht. Christoph Lind, der schon als Student der Kunstgeschichte eine Magisterarbeit über dieses Haus verfasst hatte, hat in seiner Dissertation (1998, S.156-68) eine endgültige Beschreibung und Analyse dieses Bauwerks gegeben.

Dass L. hin und wieder auch auf dem privaten Sektor tätig war, darüber gibt ein Zeitungsbericht Auskunft über die Eröffnung des Tsingtau Clubs im Oktober 1911. Der Bauentwurf stammt von Curt  Rothkegel, aber die Kiautschou-Post, Okt. 1911, S. 241, schreibt dazu: „Rothkegels Entwurf wurde jedoch nach den Angaben des Herrn Lazarowicz, der sich durch seine Beaufsichtigung des Baues den Dank der Klubmitglieder in hohem Maße erworben hat, den hiesigen Bedürfnissen entsprechend, wesentlich umgestaltet. Der weitaus größte Teil der Inneneinrichtung ist von den hiesigen chinesischen Tischlerfirmen Ho Sing ki und An Tschang nach den überaus geschmackvollen Plänen und Zeichnungen des Herrn Lazarowicz angefertigt worden.“

Als im August 1914 der Krieg mit Großbritannien und dann Japan begann, konnte L. als Ganzinvalide sich nicht an der militärischen Verteidigung beteiligen. Seine Kollegen von der Hochbauabteilung: Strasser, Hachmeister, Biber wurden nach dem 7. Nov. in die Gefangen-schaft nach Japan gebracht, da sie bei der Verteidigung mitgewirkt hatten, wenn auch nur im Landsturm oder in der Landwehr. L. dagegen konnte nach der Besetzung durch die Japaner als Zivilist Tsingtau verlassen. Auf Bitten seines Freundes, des Architekten Curt Rothkegel, der in Peking eine Baufirma hatte, ging L. dorthin und wurde Compagnon in dieser Firma, die während des Krieges 1914-20 von Frau Rothkegel weitergeführt wurde. Rothkegel selbst hatte als Pionieroffizier an der  Verteidigung Tsingtaus mitgewirkt und war bis Anfang 1920 in japanischer Gefangenschaft. Über L. schreibt Frau Rothkegel in ihren Aufzeichnungen: „Er war sehr kunstsinnig und als Beamter nicht gewöhnt zu rechnen, was aber für ein Geschäft unablässig ist. Es dauerte ein volles Jahr bis wir beide uns ‚eingebissen’ hatten, denn ich wollte gemäss der Arbeitsweise meines Mannes alles weiterleiten“.

Anfang 1920 kam Rothkegel aus der japanischen Gefangenschaft zu seiner Frau und den zwei Söhnen nach Peking zurück. Lazarowicz schied daraufhin aus der Firma Rothkegel & Co. aus und gründete zusammen mit seinem Tsingtauer Kollegen Paul Hachmeister ein eigenes Architekturbüro. Es wurde dann noch eine Filiale in Mukden gegründet, so dass Hachmeister  sich hauptsächlich in Mukden aufhielt. Er war als Techniker von ca. 1904 bis 1914 in der Hochbauabteilung des Tsingtauer Gouvernements beschäftigt gewesen, musste aber wie Rothkegel die Zeit von Nov. 1914 bis Anfang 1920 in japanischer Kriegsgefangenschaft verbringen.

Über die Persönlichkeit des Lazarowicz erfährt man einen kleinen Eindruck aus der Schilderung von Paul Wilm in seiner Autobiographie: „Damals“. Er kam 1924 aus Deutsch-land als Agrarfachmann nach Peking zu seinem Onkel, Herrn Eggeling. Wilm schreibt (S.29):

„Onkel Bob [Eggeling] hatte nur morgens wirklich Zeit für mich. Chinesische Herren, die direkt oder indirekt mit den chinesischen Ministerien zu tun hatten, beanspruchten ihn besonders auch in den Abendstunden mit Bankgeschäften höherer Kategorie, speziell Regierungsanleihen für Eisenbahnbau. Dafür ging Herr Hermann Schmidt gerne in den Deutschen Klub. Zu diesem nahm er mich mit und machte mich bei anwesenden Mitgliedern bekannt. Der Deutsche Klub befand sich in einem größeren chinesischen Anwesen in der Chin Yue Hutung — Goldfischgasse. Die Mitglieder saßen an einer langen Tafel, tranken Bier und unterhielten sich miteinander. Wie ein Vorsitzender saß an der Spitze der Tafel auf einem besonders großen Stuhlsessel eine geradezu gewaltige Gestalt, der Architekt Herr Lazarowicz. Ebenso gewaltig wie seine Gestalt war seine tiefe Stimme. Er begrüßte mich mit den Worten: „Wo bleibt denn Ihr Onkel? Der läßt sich hier ja kaum noch blicken.“ — „Der hat viel zu tun.“ war meine Antwort. „Das sollte er lieber nicht übertreiben.“ war sein Kommentar. Herr Hermann Schmidt stellte mich dann dem derzeitigen Klubvorsitzenden, Herrn Walther Frey, ebenfalls Architekt, vor und damit war ich als Mitglied akzeptiert. Noch ein dritter Architekt war anwesend, Herr Basel, der Partner von Herrn Frey. Dieser zeigte mir auch die anderen Klubräume, Lesezimmer, Bibliothek und Spielstube, in welch letzterer man sich ungestört dem Domino-, Madschong- oder Kartenspielen widmen konnte. Diese Räume wurden auch, besonders nachmittags, von den Damen der Klubmitglieder bevölkert. Erzählen möchte ich noch, dass in der warmen Jahreszeit häufig die abendliche Tafelrunde bzw. Bierrunde in einen der Höfe des Klubanwesens verlegt wurde. Auch hier erlebte ich Herrn Lazarowicz als Quasivorsitzenden am Kopfende der langen Tafel. Einmal war es so warm, dass man viel trinken musste. Wenn Herr Lazarowicz dann ein Glas geleert hatte, warf er es mit Schwung über seine Schulter hinter sich. Er erfreute sich und andere am Geräusch der zerklirrenden Gläser. Niemand fand das außergewöhnlich, und manchmal folgten auch andere seinem Beispiel. Lazarus, so wurde er gelegentlich genannt, starb übrigens etwa ein halbes Jahr später an Herzversagen. In keinem der vielen Sarggeschäfte Pekings war für seine gewaltige Gestalt ein fertiger Sarg zu finden. Es musste einer maßgeschreinert werden.“

Am 28.04.1926 ist Werner Lazarowicz in Peking gestorben. Auch sein Compagnon Paul Hachmeister ist später in Peking verstorben.

Rollmann, Julius (1866-1955), Hafenbaudirektor

Julius Rollmann,  Hafenbaudirektor   (1866 – 1955)

Geboren am 28.7.1866 in Stralsund, als Sohn des Prof. Dr. phil. Wilhelm Rollmann und der Ida, geb. Lentze. Der Vater war Oberlehrer für Mathematik und Naturwissenschaften am Gymnasium. Julius besuchte dieses Gymnasium von 1875 bis 1885.  Ab Ostern 1885 studierte er an der Techn. Hochschule in Braunschweig die Bauingenieurwissenschaften und bestand im Nov. 1889 die erste staatliche Hauptprüfung. Vom 1.12.1889 bis Jan. 1893 als Königlicher Regierungs-Bauführer bei der „Kaiserlichen Kanal Kommission zur Erbauung des Nord-Ostsee-Kanals“ tätig, speziell dem Kanalbau Rendsburg zugeteilt. Daraufhin Erstellung einer Baumeisterarbeit und mündliche staatliche Hauptprüfung im Mai 1894. Im gleichen Monat noch als Königlicher Regierungs-Baumeister der „Königlichen Kanal Kommission für die Erbauung  des Dortmund Emshäfen Kanals“ als Streckenmeister überwiesen. Sein Wohnort war Fuestrup bei Gimbte/Westf.  Am 6.10.1894 Heirat in Weimar mit Else Eggeling (* 31.5.1871 in Braunschweig), Tochter des Pfarrers i.R. Otto Eggeling.

In Fuestrup wurden geboren: Wilhelm (* 19.9.1895) und Julius (* 11.5.1897). 1897 las er von einem Stellenangebot der Kaiserlichen Marine Werft in Wilhelmshaven, die einen Regierungs-Baumeister mit Erfahrung im Wasserbau suchte. Rollmann bewarb sich erfolg-reich und siedelte im Herbst 1897 mit Familie nach Wilhelmshaven über, wo er Anfang 1898 zum Marine Hafenbaumeister ernannt wurde. Er wurde mit der Bildung und Leitung eines neuen Konstruktionsbüros beauftragt, das die Entwürfe für die geplanten neuen Hafenbauten der Werft ausarbeiten sollte. Später folgte dann auch die Bauausführung der Werft-erweiterung. In WHV geboren wurden Erika (* 7.8.1900) und Adalbert (* 28.10.1901).

Im Pachtgebiet Kiautschou, China, das dem Reichsmarineamt unterstand, lief 1902 die Amtszeit des ersten Hafenbaudirektors Gromsch ab. Tirpitz bestimmte Rollmann zu dessen Nachfolger und ernannte ihn zum Baudirektor in Tsingtau. Am 1.10.1902 bestieg er mit seiner Familie in Genua das Schiff und landete am 6.11. in Tsingtau. In den nächsten Tagen erlebte er die Grundsteinlegung für die erste Mole des Großen Hafens mit. Der Bau des Großen Hafens hatte 1899 begonnen, der Plan dafür stammte im wesentlichen von Hafenbau-direktor Georg Gromsch, mit Ergänzungen durch Admiralitätsrat Emil Rechtern, der dafür extra für einige Wochen aus Berlin nach Tsingtau gekommen war.  Der Erbauer des Hafens war die Firma C. Vering unter Leitung der Ingenieure John Stickforth und Friedrich Schnock. Rollmann  bezog mit der Familie die Amtswohnung an der Ecke Friedrichstraße und Prinz Heinrich Straße, in der schon sein Vorgänger Gromsch residiert hatte. Fünf Jahre lang war Rollmann in Tsingtau tätig als Chef des gesamten offiziellen Bauwesens. Ihm unterstanden die 3 Hauptabteilungen: 1) Hafenbau, 2) Tiefbau, 3) Hochbau. Dem Leiter der Hochbau-abteilung, Karl Strasser, gefiel es nicht, dass er über sich einen Chef hatte.  Er wollte sein eigener Herr sein. 1905 wurde dann die Hochbauabteilung selbständig und Rollmann unter-standen nur noch die Abteilungen 1) und 2).  Er hatte die Genugtuung mitzuerleben, dass während seiner Amtszeit die Mole 1 (1904) und Mole 2 (1905) fertiggestellt wurden. (Der Erbauer des Hafens, Ingenieur Stickforth, hatte 3 Söhne. In der Schule hatten diese die Spitznamen: Mole 1, Mole 2, Mole 3 !)

Dem Ehepaar Rollmann wurden in Tsingtau 2 weitere Kinder geboren: Hans Bernhard Otto Dachi (* 15.3.1903) und Else Edda Louise Gertrud Magda Kin Lien (* 14.11.1906). Die Namen Da chi und Kin Lien sind offensichtlich chinesische Namen.

Am 1. Dezember 1907 verließ Marine-Oberbaurat Rollmann nach 5jähriger Amtsperiode Tsingtau und er kehrte mit seiner Frau und den 6 Kindern nach Wilhelmshaven zurück, wo er Anfang 1908 seinen neuen Dienst als Marine Hafenbaudirektor antrat. Leider hatte er in den nächsten 4 Jahren mit großen baulichen Problemen zu kämpfen, denn bei den inzwischen gebauten 2 Trockendocks und bei der 3. Hafeneinfahrt traten gravierende Mängel auf. Die Aufregungen und Sorgen führten schließlich im Herbst 1912 zu einer Hauterkrankung, die einen längeren Kuraufenthalt nötig machten. Das Reichsmarineamt hatte ein Einsehen und versetzte Rollmann als Marine Hafenbaudirektor an die Kaiserliche Werft Kiel, wo er seinen  Dienst am 1.4.1913 antrat und wo die Gesundung große Fortschritte machte. Bald brach der Weltkrieg aus. Dadurch vergrößerten sich die Anforderungen der Flotte und alle baulichen Anlagen der Werft mussten vergrößert werden, bis ins letzte Kriegsjahr hinein. Noch im Herbst 1918 besuchte der Kaiser die Kieler Werft und übergab persönlich an Rollmann den Kronenorden II. Klasse am weiß-schwarzen Bande. Acht Tage später bildeten sich in Kiel Arbeiter- und Soldatenräte und Kaiser Wilhelm II. dankte ab. 1921 wurde Rollmann von der Marine auf Wartegeld gesetzt. Er wechselte deshalb nach Berlin in das Reichsverkehrs-

ministerium, wo er zum Ministerialrat ernannt wurde. Bis zu seiner Pensionierung 1931 war er in dem Referat „Wasserstraßen“ tätig.   1955 ist Julius Rollmann, fast 90 Jahre alt, in Kiel gestorben.

(Quelle: Julius Rollmann: Autobiographie (maschinenschriftlich, 8 Seiten), verfasst Sept. 1944.  Einige seiner Formulierungen wurden wörtlich übernommen.)

Der ältere Bruder von Julius Rollmann war Max Rollmann (1857 – 1942), der eine Karriere als Seeoffizier absolvierte. Er brachte es bis zum Admiral. Seit Dezember 1898 war er als Kommandant des Kleinen Kreuzers  SMS Gefion in Ostasien. Als Gouverneur Jaeschke am 27.1.1901 in Tsingtau starb, wurde Fregattenkapitän Rollmann  zum kommissarischen Gouverneur ernannt. Er übte dieses Amt aus bis zum 7. Juni 1901. An dem Tag traf der neue Gouverneur, Kapitän z.S. Oskar Truppel, in Tsingtau ein.

4. Freiherr von Ketteler, deutscher Gesandter in Peking.

5. Konrad Freiherr von der Goltz, Gesandtschaftsdolmetscher für China.

6. Kapitän zur See Jäschke, Gouverneur von Tsingtau.

7. Kapitän zur See von Usedom, Kommandant der SMS „Hertha“.

8. Fregattenkapitän Max Rollmann, Kommandant der SMS „Gefion“.

Hildebrand, Heinrich (1855 – 1925) und Hildebrand, Peter (1864 – 1915) | Eisenbahningenieure

(Eine biographische Skizze, zusammengestellt von Wilhelm Matzat im August 2010.)

Heinrich und Peter Hildebrand waren von 1899 bis 1914 nacheinander die technischen Betriebsdirektoren der Schantung-Eisenbahn-Gesellschaft in Tsingtau. Der Stadtarchivar von Bitburg, Dr. Peter Neu, hat eine ausführliche und sorgfältig recherchierte Biographie, mit Fotos, veröffentlicht in dem von ihm verfassten Sammelband: „Bitburger Persönlichkeiten“, Bitburg 2006. Diese Biographie muss man unbedingt lesen, wenn man hinreichend über Heinrich Hildebrand informiert sein will. Da nicht jeder sofort die Möglichkeit haben wird, diesen Sammelband einzusehen, er ist vergriffen, habe ich hier die folgende biographische Skizze zusammengestellt, die eine erste Information liefern soll.

Heinrich Hildebrand wurde am 12.3.1855 in Bitburg geboren als Sohn des Gerichtsvollziehers Johann Hildebrand und der Margaretha Hildebrand, geb. Staudt. Am 23.09.1864 wurde sein Bruder Peter geboren. Heinrich besuchte zunächst die Elementarschule und dann die Höhere Landwirtschaftsschule am Ort, bis er dann ans Friedrich-Wilhelm-Gymnasium in Trier kam, wo er 1874 das Abitur machte. Nach einer einjährigen Lehrzeit bei dem Kreisbauinspektor in Bitburg studierte er ab 1875 Architektur und Wirtschaftswissenschaften am Polytechnikum in Berlin. Nach dem ersten Staatsexamen im Dez. 1879 wurde er zum Bauführer ernannt und erhielt eine Anstellung bei den Berliner Stadtbahnen. Nach dem zweiten Staatsexamen Juni 1884 wurde er zum Regierungsbaumeister ernannt. Er absolvierte dann seinen einjährigen Militärdienst und wurde anschließend zur Eisenbahndirektion Köln berufen. Er leitete bis 1888 den Bau kleinerer Nebenstrecken in Eifel und Hunsrück, und dann von 1888 bis 1891 den großen Umbau des Kölner Hauptbahnhofgebäudes, der allerdings erst 1894 beendet wurde.

Von 1891 bis 1908 in China. Gegen Ende des 19. Jhdts. hoffte man, u.a. in England, Frankreich, Deutschland und Belgien, dass China mit dem Bau eines Eisenbahnnetzes beginnen würde. Aufgrund des riesigen Reiches versprachen sich diese Länder dort große Absatzmöglichkeiten für ihre jeweilige Schwerindustrie, und so herrschte ein starker Wettbewerb unter ihnen zwecks Erlangung einer Baugenehmigung seitens der chinesischen Regierung. Anscheinend sagte sich die deutsche Gesandtschaft in Peking, dass es zweckmäßig sei, einen Fachmann für Eisenbahnbau im Mitarbeiterstab zu haben, der bei diesbezüglichen Plänen der chinesischen Regierung kompetent mit ihr verhandeln kann. Es ist nicht klar, ob diese Stelle vom Auswärtigen Amt ausgeschrieben wurde und Hildebrand sich um sie beworben hat, oder ob das AA sich an die Eisenbahnhauptverwaltung wandte und um Zuteilung eines geeigneten Kandidaten gebeten hat. Auf jeden Fall trat Hildebrand am 1.4.1891 in den Dienst des AA ein und wurde im September nach Peking geschickt, mit der Auflage, mindestens 5 Jahre in China zu bleiben und die chinesische Sprache zu lernen. Offiziell wurde er dort als Dolmetschereleve geführt. In diesem ersten Jahr während des Sprachunterrichts in Peking hatte er genug Muße, eine der Tempelanlagen in den Westbergen zu studieren und genau aufzumessen. Jedoch erst 1897 erschien seine Studie in Buchform mit dem Titel: „Der Tempel Ta-chüeh-sy (Tempel des großen Erkennens) bei Peking.“ Aufgenommen und beschrieben von Heinrich Hildebrand. Hrsgb. von der Vereinigung Berliner Architekten, mit 87 Abb. im Text, 8 Tafeln in Photolith und 4 Tafeln in Photogravure. VIII, 36 Seiten. Berlin 1897.

Bereits ein Jahr später wurde er beurlaubt und nach Wuchang geschickt, wo er in die Dienste Zhang Zhi-dongs trat, des Generalgouverneurs der Provinzen Hubei und Hunan, der die Modernisierung Chinas vorantreiben wollte und sich besonders für den Bau von Eisenbahnen einsetzte. Insgesamt 6 Jahre, bis 1898, war Hildebrand für ihn tätig, residierte zeitweilig in Nanking. Über seine Gespräche mit dem Generalgouverneur berichtete er regelmäßig an die deutsche Gesandtschaft in Peking. Für Zhang erstellte er in unermüdlicher Arbeit die technischen Vorprojekte zu der Hankou-Peking-Bahn, der Shanghai-Nanking-Bahn und der Hankou-Tschungking-Bahn. Eigentümlicherweise ging dann der Bau dieser 3 großen Strecken, für die Hildebrand die Vorarbeit geleistet hatte, jeweils an nicht-deutsche Finanzsyndikate. Immerhin konnte er in dieser Zeit 2 kleine Strecken bauen. 1890 hatte Zhang in Hanyang ein modernes Eisen- und Stahlwerk errichtet, 1894 kam dann die Eröffnung der Eisengrube in Da-ye hinzu. Um das Eisenerz von dort nach Hanyang zu bringen, baute Hildebrand eine entsprechende Industriebahn. Dem Han-Ye Werk scheint bald das Geld ausgegangen zu sein, so dass es 1896 in eine Aktiengesellschaft umgewandelt wurde, ihr Direktor wurde der Industrielle Scheng Hsüan-huai, mit dem Hildebrand auch später noch zu tun hatte.

Außerdem gelang es Zhang und Hildebrand, gegen den Einspruch aus Peking, mit chinesischem Kapital von 1896 bis 1898 einen Teil der Bahnlinie Shanghai-Wusong zu bauen, den Hauptauftrag bekamen jedoch britische Gesellschaften. Immerhin kam ein Teil des Materials aus Deutschland, und Hildebrand konnte auch die Beteiligung von deutschen Ingenieuren durchsetzen, darunter seinen Bruder Peter, 32 Jahre alt. Es ist nicht bekannt, welche Art Ausbildung Peter Hildebrand gehabt hat, wahrscheinlich auch als Baumeister, denn später wird er als Bauinspektor und dann als Baurat bezeichnet.

Als Zhang Zhi-dong der Zentralregierung zu einflussreich geworden war, unterstellte sie die Weiterbearbeitung der staatlichen Bahnprojekte einem Sonderdelegierten, dem zum Minister ernannten Scheng Hsüan-huai (siehe oben). Er ließ sich von Hildebrand als technischem Sachverständigen beraten.

Im März 1898 kam dann für Heinrich Hildebrand die große Wende in seinem Leben. Die Deutschen hatten im November 1897 ein Areal an der Kiautschou Bucht besetzt, da sie in Ostasien unbedingt einen Flottenstützpunkt benötigten. Diese Aktion wurde durch einen Vertrag mit der chinesischen Regierung legalisiert, das Kiautschougebiet wurde für 99 Jahre an Deutschland verpachtet. Zusätzlich wurden in dem am 6.3.1898 unterzeichneten Vertrag den Deutschen Sonderrechte in der Provinz Schantung zugesprochen: sie durften in ihr 3 Bahnlinien bauen und erhielten Schürfrechte für Kohle, Eisenerz etc. in einer Zone von jeweils 15 km beiderseits der zu errichtenden Bahnlinien.

Als in Deutschland diese Vertragsbestimmungen bekannt wurden, bildeten sich rasch 5 Syndikate, die sich darum bemühten, die Konzession für den Bau der ersten Bahnlinie, von Tsingtau zur Provinzhauptstadt Tsinan (ca. 400 km) zu erhalten. Die deutsche Regierung befürchtete aber, dass das einzelne Syndikat nicht genug Geld aufbringen könnte und drängte zu einem möglichst weitgehenden Zusammenschluss. Die deutsche Hochfinanz war durch das sog. Bankenkonsortium vertreten und engagierte Hildebrand sowie weitere Ingenieure, u.a. den Bruder Peter Hildebrand und den Ingenieur Luis Weiler, der bei dem Bau der Korat-Bahn in Thailand mitgewirkt hatte. Das sog. Schantung-Syndikat (unter Führung des großen China-Handelshauses Carlowitz & Co. und einiger Industrieller aus dem Ruhrgebiet) holte sich Alfred Gaedertz, der Erfahrungen in der Türkei hatte sammeln können. Sowohl Hildebrand als auch Gaedertz kamen im Sommer 1898 nach Tsingtau und marschierten, unabhängig von einander, die 400 km Route von Tsingtau nach Tsinan und wieder zurück ab. Sie sollten die bestmögliche Trassierung der Bahnlinie, die Bedingungen für die Anlage der Bergwerke und die zu erwartenden Kosten des Bahnbaus untersuchen.

Der Eisenbahningenieur Luis Weiler kam ebenfalls im Sommer 1898 als Mitarbeiter von Hildebrand. Er war bis 1901 beim Bau der Schantung Bahn beschäftigt und hat wöchent-lich einen Brief an seinen Vater in Wiesbaden geschickt, der ebenfalls Eisenbahningenieur gewesen war. Die handschriftlichen Originalbriefe liegen jetzt im Archiv des Deutschen Museums in München. Aus ihnen ergeben sich u.a. interessante Informationen und Urteile über Heinrich Hildebrand (siehe unten im Lit.Verz. den Aufsatz von R. Falkenberg). Es folgten 1898-99 langwierige Verhandlungen zwischen den Syndikaten und den deutschen Reichsbehörden. Diese erreichten immerhin, dass vier Syndikate sich zu einem Vereinigten Syndikat zusammenschlossen. Dieses bewarb sich am 24. Mai 1899 beim Reichskanzler und erhielt am 1. Juni 1899 die Konzession zum Bau der Schantung-Bahn. Am 14. Juni wurde daraufhin in Berlin die Schantung-Eisenbahn-Gesellschaft gegründet, mit einem Grundkapital von 54 Millionen Mark. Der Hauptsitz wurde bald nach Tsingtau verlegt durch Eintragung in das dortige Handelsregister, während die bisherige Niederlassung in Berlin in eine Zweig-niederlassung umgewandelt wurde. Die Leitung der Gesellschaft blieb natürlich in Berlin, Gaedertz wurde einer der drei Direktoren im Vorstand. Die Bauausführung unterstand der Betriebsdirektion in Tsingtau und Heinrich Hildebrand wurde mit ihrer Leitung beauftragt. Er behielt diese bis zum Jahre 1908, sein Bruder Peter hatte dann die Leitung von 1908 bis 1914.

Über weitere Aspekte von Heinrich Hildebrands Tätigkeit in Tsingtau als technischer Betriebsdirektor der Eisenbahngesellschaft bis zum Jahre 1908 informieren ausführlich die Dissertation von Vera Schmidt: „Die deutsche Eisenbahnpolitik in Shantung 1898 – 1914“, Wiesbaden 1976 und die von Dr. Peter Neu verfasste Biographie. In dem Pachtvertrag von 1898 war festgelegt worden, dass die Deutschen 3 Eisenbahn-strecken in Schantung bauen dürfen. Hildebrand konnte also den Triumph erleben, dass im Juni 1904 „seine“ Strecke Tsingtau-Tsinan (400 km) termingerecht fertiggestellt worden war. Anschließend durfte er einen 6-monatigen Heimaturlaub antreten. Zum Bau einer zweiten und dritten Strecke kam es zunächst nicht, Hildebrand blieb aber trotzdem in Tsingtau. Wahr-scheinlich hoffte er, auch die Direktion beim Bau der Nord-Süd-Strecke durch Schantung (Tientsin-Tsinan-Pukou) übernehmen zu dürfen. Aber die Verhandlungen zum Bau dieser Linie zwischen den deutschen und britischen Geldgebern einerseits und der chinesischen Regierung andererseits zogen sich endlos hin. Die Chinesen waren nicht mehr bereit, neue Eisenbahnlinien als Eigentum ausländischer Firmen errichten zu lassen. Die geplante Strecke sollte als chinesische Staatsbahn betrieben werden. Am 13.1.1908 wurde endlich der Vertrag unterzeichnet. Für den Bau durch Schantung waren deutsche Ingenieure und deutsches Material vorgesehen, für die Strecke durch Jiangsu und Anhui britische Techniker. Die Deutschen forderten, dass entweder Heinrich oder Peter Hildebrand der Chefingenieur der deutschen Strecke werden sollte, was die Chinesen entschieden ablehnten, da beide sich im Laufe des Bahnbaus (1899-1904) bei denen aus verschiedenen Gründen unbeliebt gemacht hatten. Der Betriebsdirektion in Tsingtau unterstanden mehrere Abteilungen, eine davon war das sog. Technische Bureau. Im Herbst 1907 erhielt es einen neuen Leiter, aus Deutschland traf der 38jährige Julius Dorpmüller ein. Als nun im Januar 1908 der Bau der Tientsin-Pukou Bahn begonnen werden konnte und die Chinesen die Anstellung der Hildebrand Brüder ablehnten, bot man Dorpmüller diesen Posten an, der ihn auch übernahm (bis 1917). Im Sommer 1908 siedelte Dorpmüller nach Tsinan über, sein Aufenthalt in Tsingtau hat nicht länger als 8 Monate gedauert.

Heinrich Hildebrand merkte nun, dass er in China nichts mehr erreichen konnte und schied deshalb 1908 auf eigenen Wunsch aus den Diensten der Schantung-Eisenbahn-Gesellschaft aus. Zum Abschied wurde am 23. Oktober 1908 im großen Saal des Prinz Heinrich Hotels ein Kommersabend für ihn veranstaltet, an dem mehrere hundert deutsche und chinesische Männer teilnahmen, an der Spitze der Gouverneur Truppel. Die erste Hauptrede hielt der Chinesenkommissar Dr. Wilhelm Schrameier, die zweite im Namen der Beamten der Schantung-Eisenbahn-Gesellschaft Franz Wauschkun, der fast gleichzeitig mit Hildebrand im Jahre 1898 nach Tsingtau gekommen war. Der Leiter des Kommerses, Oberlehrer Dr. Dönitz, schilderte den Gast des Abends in seiner Eigenschaft als Privatmann. Conrad Miss sprach für die Handelskammer. Der chinesische Sekretär der Eisenbahn, Tsou Tschi-fang, überbrachte den Dank der chinesischen Angestellten, und der Vorsitzende des Chinesenkomitees Ting pries Hildebrands Tätigkeit im Namen der chinesischen Kaufmannschaft. Das chinesische Unterpersonal der Eisenbahn-Gesellschaft übergab eine Anzahl Ehrenschirme und Dekorationen als Dank für seine Fürsorge, die er demselben hat angedeihen lassen. Am 27. Okt. 1908 verließ Heinrich Hildebrand, zusammen mit seiner Familie, Tsingtau. (Die Reden von Schrameier und Wauschkun sind in vollem Wortlaut abgedruckt in der Kiautschou-Post 1908, S. 64-65. Schrameiers Text auch in den Tsingtauer Neuesten Nachrichten vom 27.10.1908.)

Heinrich Hildebrand (kathol.) hat erst spät, er war nun fast 50 Jahre alt, geheiratet. Am 3.11.1903 heiratete er in Shanghai Ellen P.C. Schumacher, sie stammte aus Wermelskirchen (dort * 8.10.1867), war die Tochter des Kommerzienrates Julius Schumacher und der Augusta Behrens. 1904 kam der Sohn Heinrich jun. zur Welt und am 28.8.1906 wurden ihm in Tsingtau die Töchter Gertrud und Hedwig geboren. Er erhielt im Laufe der Jahre verschiedene Orden und Titel, als Geheimer Baurat verließ er China im Jahre 1908 und trat in den Staatsdienst zurück, war jedoch bis 31.12.1909 aus gesundheitlichen Gründen beurlaubt. Er hat in dieser Zeit hauptsächlich in Bitburg gewohnt. Anfang 1910 sandte das AA ihn an die deutsche Gesandtschaft in Brasilien mit dem Auftrag, sich um die Bahnbauarbeiten im Staate Santa Catharina zu kümmern. Der Aufenthalt dort kann nicht lange gedauert haben, denn wegen „seiner geschwächten Gesundheit“ wurde er bereits am 7.11.1910 aus dem Staatsdienst entlassen und pensioniert. 1911 rief ihn Scheng Hsüan-huai, inzwischen Verkehrsminister, nach China zurück. Mit der Revolution vom 10.11.1911 und dem anschließenden Sturz der Mandschu-Dynastie verlor aber Scheng seinen Posten, und so blieb Hildebrand nichts anderes übrig, als 1912 endgültig nach Deutschland heimzukehren. 1913 wurde er zum Direktor der deutschen Santa-Catharina-Eisenbahngesellschaft in Brasilien berufen, kehrte also nach Südamerika zurück. Auch hier war schon nach einem Jahr die Tätigkeit beendet, diesmal durch den Beginn des Ersten Weltkriegs. Es gelang ihm aber noch, das Land zu verlassen und die Heimat zu erreichen. Bis zu seinem Tode lebte er immer zeitweise in Berlin-Schöneberg und zeitweise in Bitburg bei seiner Schwester Josefine. Er starb, 71 jährig, „nach kurzem, schweren Leiden“ in Berlin am 29.8.1925, wurde aber in Bitburg auf dem Friedhof an der Erdorfer Straße begraben. Sein Grab ist erhalten. Eine Straße in Bitburg ist nach ihm benannt.

Peter Hildebrand (* 23.09.1864) kam spätestens 1896 nach China, sicherlich durch seinen Bruder Heinrich herbeigerufen, um bei dem Bau der Eisenbahnlinie Shanghai-Wusong mitzuwirken. 1899 holte ihn sein Bruder nach Tsingtau und Peter wurde während des Baus der Eisenbahnlinie von Tsingtau nach Tsinan (1899 – 1904) als Sektionsingenieur eingesetzt. Nach dem Sommer 1904 leitete er für einige Jahre in Tsingtau das Technische Bureau der Eisenbahngesellschaft. Als Heinrich im Oktober 1908 China verließ, war Peter von da an bis 1914 der technische Direktor der Schantung-Eisenbahn-Gesellschaft in Tsingtau. Am 24.4.1914 verließ Baurat Peter Hildebrand zusammen mit seiner Frau Tsingtau zu einem 6-monatigen Heimaturlaub, sie fuhren über Sibirien. Als am 1.8.1914 der Krieg begann, wurde Peter Hildebrand einberufen und später eingesetzt als Hauptmann der Landwehr und Adjutant bei der Linien-Kommandantur in Lodz. Als ein Herzfehler bei ihm auftrat, wurde er zur Kur nach Bad Nauheim geschickt, wo er am 8.8.1915 gestorben ist. (Quellen: Nachruf in Ostasiatische Rundschau, 1925, S. 179; Peter Neu: „Heinrich Hildebrand“, in: Bitburger Persönlichkeiten. Bitburg 2006, S. 115-126; Vera Schmidt: „Die deutsche Eisenbahnpolitik in Shantung 1898 – 1914.“ Wiesbaden 1976. – Rainer Falkenberg: „Luis Weilers Briefe aus China (Dez. 1897 – Aug. 1901)“, in: Beiträge zu den deutsch-chinesischen Beziehungen, hrsgb. von Kuo Heng-yü u. M.Leutner, Berliner China-Studien 12, 1986, S. 113-34.)

Rothkegel, Curt (1876-1945), Architekt

Curt Rothkegel, (1876 – 1945) , Architekt in China 1903 bis 1929.

Zusammengestellt von Wilhelm Matzat, Bonn.

Einleitung:

Am 23. Oktober 2010 wird es in Tsingtau in der Christuskirche einen Festgottesdienst geben in Erinnerung daran, dass vor genau 100 Jahren am 23.10.1910 diese Kirche eingeweiht wurde. Sie war keine Garnisonskirche, wie häufig fälschlicherweise behauptet wird, denn sie wurde vom damaligen Evangelischen Kirchenausschuss in Berlin für die protestantische Zivilgemeinde errichtet, der die gesamten Baukosten (236000 Mark)  trug, die durch Spenden und Sponsoren zusammengekommen waren. Das Gouvernement in Tsingtau schenkte lediglich das Grundstück.  Rechtzeitig zur damaligen Eröffnung war eine Orgel aufgestellt worden, die von der Firma Gebr. Link in Giengen gebaut worden war. Die Kommunisten haben dann im Dezember 1949 die Kirche geschlossen und später auch die Orgel weg-geschafft, wahrscheinlich nach Peking. 1980 wurde die Kirche restauriert und den chinesi-schen Protestanten zur Benutzung überlassen. Erst jetzt zum Jubiläum ist eine Orgel gestiftet worden, gebaut von der Firma Jäger & Brommer in Waldkirch. Die Orgel ist inzwischen in Tsingtau eingetroffen und wird am 23. Okt. 2010 zum ersten Male ertönen.

Bei dem Festgottesdienst wird auch Pfarrer Dr. Karl-Heinz Schell aus Peking mitwirken, dessen Pfarrbezirksprengel von Shenyang bis nach Tsingtau reicht.
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Günther, Otto (1870-1942), Zivilkommissar und Gertrud Günther, geb. Schmaltz ( – 1927)

Otto Günther wurde am 9.3.1870 in Friedrichsfelde, Krs. Niederbarnim, Brandenburg geboren. Über seine Berufsausbildung ist nichts bekannt. Entweder hat er sich als Verwaltungsfachmann oder als Jurist ausbilden lassen, eventuell als beides.  Er kam bereits 1898 als Angestellter der Schantung-Eisenbahn-Gesellschaft nach Tsingtau. Ende 1900 wurde er der dritte Zivilkommissar des Kiautschou-Gouvernements und blieb Chef der zivilen Landesverwaltung Tsingtaus bis zum 7.11.1914.

1904 wurde er zum Admiralitätsrat ernannt, 1909 zum Geheimen Regierungsrat. Verheiratet war er mit Gertrud Schmaltz. Dem Ehepaar wurden in Tsingtau 2 Töchter geboren: Marie-Helene am 5.6.1907 und Elisabeth Charlotte am 29.8.1908.

Als der 1. Weltkrieg ausbrach, blieb das Ehepaar Günther, zusammen mit den Töchtern, in Tsingtau. Nach der Besetzung Tsingtaus durch die Japaner am 7.11.1914 wurde Otto Günther von ihnen jahrelang in Einzelhaft im Polizeigebäude von Tsingtau festgehalten. Täglich durfte er nur eine Stunde „spazierengehen“, von einem japanischen Soldaten bewacht. Die Gründe für diese grausame Behandlung sind nicht klar. Eine ganze Reihe deutscher Männer haben sich von 1914 bis 1920 in Tsingtau aufgehalten, ohne daß sie inhaftiert wurden. Die Japaner hätten Günther ausweisen können, wie sie es mit dem Gouvernements-pfarrer Ludwig Winter am 10.5.1915 gemacht haben, oder sie hätten ihn nach Japan in die Gefangenschaft abführen können. Tatsächlich geschah dies dann auch, aber erst am 20.5.1918 in das Lager Bando. Jedoch kehrte er bereits am 6.12.1918 nach Tsingtau zurück (Mitteilung von J.H.Schmidt). Günther und seine Familie kehrten 1920 mit dem letzten Transport-dampfer, der deutsche Kriegsgefangene aus Japan nach Deutschland brachte, zurück. In Berlin wurde er in das Reichsentschädigungsamt  berufen und leitete dort die Entschädigungs-kommission für das Kiautschougebiet.  Nachdem diese ihre Arbeit abgeschlossen hatte, begab sich Günther in den Ruhestand und zog sich in seinen Geburtsort Berlin-Friedrichsfelde zurück, wo er in der Schloßstr. 3 wohnte. Dort ist er am 17.04. 1942 an Herzversagen gestorben. Als Erbin wird seine jüngere Tochter, Elisabeth Charlotte Günther genannt, die 33jährig damals (noch) nicht verheiratet war. (Nachruf in Ostasiatische Rundschau 1942, S. 116, gez. Ro. Es handelt sich entweder um den ehemaligen Tsingtauer Richter Romberg oder um Rosenberger.)

Obwohl Günther ununterbrochen von Ende 1900 bis Nov. 1914 den Posten des Zivil-kommissars innehatte, fällt auf, daß er in geschichtlichen Abhandlungen über das Pachtgebiet Kiautschou kaum erwähnt wird. Das hat mehrere Gründe. Als er das Amt übernahm, waren die maßgeblichen Entscheidungen für die Entwicklung des Gebietes in den 3 Jahren von Sommer 1898 bis Sommer 1900 gefallen. Geschäftsträger als Zivilkommissar in dieser Gründungsphase  war der Chefdolmetscher Dr. Wilhelm Schrameier gewesen. Er hatte die Weichen gestellt, und auch als „Kommissar für chinesische Angelegenheiten“ von 1900 bis Januar 1909 war er die dominierende Person in der Administration. Einige haben ihn auch als den „eigentlichen Gouverneur“ bezeichnet. Es ist Günthers persönliches Pech, daß er bis Januar 1909 ganz im Schatten von Schrameier gestanden hat. Günther war eine integre, verbindliche, ausgleichende Persönlichkeit. In dem Nachruf heißt es: „Wenn nach einem Worte Treitschkes außer der gründlichen Sachkenntnis die Liebe zum Detail den bedeutenden Verwaltungsbeamten macht, so war Günther der geborene Verwaltungsbeamte.“   Nicht jeder wird dieses Urteil über einen klassischen Bürokraten als positiv bewerten.

Frau Gertrud Günther leitete während der Belagerung Tsingtaus das Kriegslazarett „Seemannshaus“  und hat sich zusammen mit vielen anderen Frauen in Tsingtau während des 1. Weltkrieges engagiert darum bemüht, das Los der deutschen Kriegsgefangenen in Sibirien und Japan zu mildern, u.a. durch Sammlung von Kleidungsstücken und Expeditierung dahin. In Tsingtau setzte sie sich dafür ein, die weit im Gelände verstreuten Einzelgräber der deutschen Gefallenen in kleinen Friedhöfen zu vereinen und für deren pietätvolle Pflege zu sorgen. Privat arbeitete sie unablässig daran, den Japanern Erleichterungen für ihren inhaftierten Gatten abzutrotzen.

In Berlin ist Frau Günther am 16.02.1927 nach kurzer schwerer Krankheit gestorben.

(Nachrufe durch Prof. Hans Wirtz und Admiral Oskar von Truppel in Ostasiatische Rundschau 1927, S. 64 und 79/80)

Roehr, Victor, Kaufmann und Redakteur

Victor Roehr, Kaufmann und Redakteur, war 1900 bis 1907 in Tsingtau

Victor Roehr kam mit seiner Frau im Jahre 1900 nach Tsingtau als Geschäftsführer der Schantung-Handels-Gesellschaft m.b.H. (Import, Export, Commission). Im Tsingtauer Handelsregister war die Firma unter der Nummer 47 eingetragen. Sie war nicht erfolgreich, und die Generalversammlung beschloss am 15.3.1902 die Auflösung der Firma. Als Liquidator wurde der bisherige Geschäftsführer Victor Roehr bestimmt, der am 1.9.1902 durch Arnold Berg abgelöst wurde. Roehr musste sich eine neue Beschäftigung suchen.

Seit dem 1.4.1901 hatte die Deutsche Druckerei und Verlagsanstalt die Herausgabe der Wochenzeitung „Deutsch-Asiatische Warte“ übernommen und Otto Corbach zum verantwortlichen Redakteur bestellt. Roehr kaufte am 1.5.1903 diese Firma, wobei er sie umtaufte in „Deutsch-Chinesische Druckerei und Verlagsanstalt“.

Vom 1.6.1903 bis 31.12.1904 war Roehr dann auch der Herausgeber und verantwortliche Redakteur der Wochenzeitung, die mit dem 31.12.1904 ihr Erscheinen einstellte. Sie erlag der neu gegründeten Tageszeitung „Tsingtauer Neueste Nachrichten“, die seit dem 1.11. 1904 erschien. Roehr verkaufte Ende 1907 oder Anfang 1908 die Druckerei und Verlagsanstalt an den Shanghaier Kaufmann Gottfried Werner und verließ Tsingtau.

Otto Corbach, der vom 1.4.1901 bis 4.10.1902 der Redakteur der Wochenzeitung „Deutsch-Asiatische-Warte“ gewesen war und entlassen worden war, als er in einem Artikel die Bauverwaltung kritisiert hatte, veröffentlichte in der „Kolonialen Zeitschrift“, 4. Jhg., 1903, S. 321 einige kritische Bemerkungen über Roehr: „Die DAW ist auf ihren Lorbeeren eingeschlafen. Die Zeiten, wo sie noch eine Macht war und ein böses Gewissen für die Lenker und Leiter des Schicksals der Kolonie bedeutete, scheinen für immer vorbei zu sein. Jetzt werden ihre Spalten gefüllt mit einem bric-à-brac kraft- und saftloser Kleinigkeiten und Kleinlichkeiten, nur nicht mit Mitteilungen oder Erörterungen, die die Kolonie betreffen und für sie von Bedeutung sind. …. Herr Victor Roehr, der fünfte Redakteur des 5 Jahre bestehenden Blattes, ist ein Mann, der in Tsingtau nie so recht ernst genommen worden ist. Er hat es verstanden, anderthalb Jahre Direktor einer Gesellschaft m.b.H. zu sein ohne Geschäfte zu machen, die der Rede wert gewesen wären und deren Gewinn mehr wie einen ganz minimalen Prozentsatz seines Gehaltes betragen hatte, so dass sich die Gesellschaft genötigt sah, zu liquidieren. Der Direktor, der mit dem Munde seine ganze Konkurrenz tot machen wollte, verfiel allgemeinem Gespött. Aus Langeweile und Verlegenheit ist der Exdirektor, nachdem er lange Zeit vergeblich seine Fühlhörner nach einem neuen Pöstchen in der ostasiatischen Geschäftswelt ausgestreckt hatte, Redakteur und Verleger der DAW geworden. Arme Deutsch-Asiatische-Warte !“

Corbach, Otto (1877 – 1938), Journalist und Publizist

* 8.4.1877 in Herscheid i.W., als Sohn des Bauunternehmers Wilhelm Corbach und der Karoline, geb. Alberts. Er besuchte eine höhere Privatschule. Kam 1900 nach Tsingtau, war Buchhalter in einer Firma, wahrscheinlich bei Kappler & Sohn, denn er wohnte 1900/01 im Kappler’schen Hause. In Anzeigen bot er an, Stenographie Unterricht zu geben. Vom 1.4.1901 bis 4.10.1902 war er verantwortlicher Redakteur des Tsingtauer Wochenblattes  „Deutsch-Asiatische Warte“.  Er wurde entlassen, weil er in einem Artikel vom 20.9.1902 die Bauabteilung des Gouvernements attackiert hatte. Wegen Beleidigung von Beamten des Schutzgebietes verurteilte der Oberrichter Wilke ihn am 10.11.1902 zu 150.- Mark oder 15 Tage Haft. Corbach ging daraufhin nach Deutschland zurück und wurde Redakteur von Zeitungen in Kassel, dann in Breslau. Ab 1906 war er freier Schriftsteller in Berlin. Bis 1912/13 kritisierte er immer wieder mal in verschiedenen Aufsätzen das Tsingtauer Gouvernement, vor allem Gouverneur Truppel war ihm der Intimfeind.

 Es ist nicht bekannt ob Corbach im 1. Weltkrieg Militärdienste leisten musste. Die aufregendste Episode in seinem Leben war sicherlich sein Aufenthalt 1918-21 in Odessa und Umland während des russischen Bürgerkrieges. Die südliche Ukraine war vom Beginn des 19. Jhdts. an seitens der russischen Regierung besiedelt worden, nicht nur durch russische, sondern auch durch deutsche, griechische, jüdische u.a. Siedler. Nordwestlich von Odessa befand sich ein größeres Siedlungsgebiet der sog. Schwarzmeerdeutschen. Einer von ihnen, der allerdings inzwischen in Deutschland weilte, war Eigentümer der deutsch-sprachigen Odessaer Zeitung. Er beauftragte Corbach, sie zu einer modernen Zeitung auszugestalten. Ende September 1918 traf dieser in Odessa ein, nebenbei auch als Berichterstatter einiger reichsdeutscher Zeitungen.  Das Gebiet war seit März 1918 von österreichischen Truppen besetzt, die allerdings wegen des Kriegsendes im Dezember 1918 sich zurückzogen. Daraufhin besetzten französische und andere Truppen der Entente die Stadt, die aber nach einer verlorenen Schlacht gegenüber den Sowjets Anfang April 1919 ebenfalls das Feld räumten, woraufhin die Bolschewiki die Stadt besetzten. Diese wurden aber von General Denikin, dem Führer der sog. Freiwilligen Armee oder Weißen Armee vertrieben. Der konnte sich aber nur bis Ende 1919 halten und ab Februar 1920 war Odessa und Hinterland endgültig Teil der sowjetischen Urkrainischen SSR.

 In Odessa hatte es von jeher eine Kommission der Schwarzmeerdeutschen gegeben, welche ihre Interessen gegenüber der Regionsverwaltung zu vertreten hatte. Da Corbachs Redaktionstätigkeit schon nach ein paar Monaten zum Erliegen gekommen war, arbeitete er nun in dieser Kommission mit und erlebte so hautnah den ständigen Wechsel der Machthaber mit, bis im Februar 1920 die Bolschewiki siegten. Corbach zog sich daraufhin in das Dorf Neufreudental zurück, wo er als Lehrer an der dortigen Dorfschule tätig wurde, zusammen mit 7 Schwarzmeerdeutschen. Es gab Meinungsverschiedenheiten über die „richtige“ Art der Erziehung, und so schloss sich Corbach Ende Oktober 1921 einem Heimtransport deutscher Zivil- und Kriegsgefangener an, der unterwegs 5 Wochen in Noworossijsk liegen blieb.

 Zwei Jahre später veröffentlichte er seine Erfahrungen unter dem Titel:  „Moskau als Erzieher. Erlebnisse und Einsichten aus Sowjet-Rußland.“ Leipzig 1923. 100 Seiten.  Es erschien als Heft 17 der Reihe: „Entschiedene Schulreform“, herausgeben von Prof. Paul Oestreich, damals einer der führenden Reformpädagogen. Wie bekannt, wurde in den 1920iger Jahren heftig um eine Schul- und Bildungsreform gestritten und die unterschied-lichsten Schulmodelle wurden ausprobiert. Corbach war von seiner Ausbildung her kein Pädagoge, aber er wollte wohl das „revolutionäre“ sowjetische Schulmodell in Deutschland zur Diskussion stellen.

Am 3.4.1926 heiratete er Else Sadowski. 1928 war seine Adresse: Berlin-Steglitz, Steinstr. 57. 1932 publizierte er bei Rowolt den Sammelband: „Offene Welt“, Berlin 1932, 352 Seiten. In demselben Jahr erschien auch eine italienische Übersetzung.  1935 war die Adresse: Berlin-Wilmersdorf, Kreuznacherstr. 36a. An der Wende von 1938 zu 1939 ist Corbach gestorben.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Schuhmann, Reinhard (1883 – 1950), Lehrer an der DCH, dann Mittelschulrektor

>Reinhard Schuhmann wurde am 11.02.1883 in Wittenberge an der Elbe, Prignitz, Prov. Brandenburg, geboren, als Sohn des Zeichenlehrers Hermann A. Schuhmann und der Emma Schuhmann, geb. Reichhardt. Er besuchte die Schule in seiner Heimatstadt bis zum Realschulabschluss (Einjähriges). Anschließend Wehrdienst als Einjährig-Freiwilliger in Spandau. Danach Ausbildung zum Lehrer in der Präparandenanstalt und am Lehrerseminar in Osterburg, Altmark. Zum 1. Okt. 1906 wurde er als staatlicher Präparandenlehrer nach Elsterwerda berufen, wo er 1908 zum Ersten Lehrer aufrückte. Im Frühjahr 1909 bewarb er sich um eine vom preußischen Kultusministerium ausgeschriebene Lehrerstelle in Tsingtau. Auf 5 Jahre beurlaubt, trat er am 10.9.1909 die Ausreise über Sibirien an. Am 1.10. begann seine Lehrtätigkeit in Tsingtau an der Kaiserlichen Gouvernementsschule, einem Reform-Realprogymnasium. Das für die damalige Zeit Ungewöhnliche der dortigen Einrichtung war die Tatsache, dass an diesem Gymnasium Jungen und Mädchen gemeinsam unterrichtet wurden, sog. Koedukation. In demselben Monat, in dem Schuhmann seine Tätigkeit begann, wurde die Deutsch-Chinesische Hochschule am 25. Okt. 1909 eröffnet. Schuhmann konnte damals noch nicht ahnen, dass er eines Tages auch an dieser Institution tätig sein würde.

Er war sehr musikalisch, spielte auf alle Fälle Klavier, und hatte als Unterrichtsfach an der Schule auch „Singen“. Gerade um diese Zeit wurde ganz in der Nähe der Schule die evangelische Christuskirche errichtet. Vom 21.6. bis 26.8.1910 hielt sich R. Link aus Giengen in Tsingtau auf und baute seine Orgel in der noch nicht eröffneten Kirche ein. Am 23. Okt. 1910 war die Einweihung der Kirche, und als die Gemeinde in sie einzog, spielte Schuhmann auf der Orgel das Festpräludium von Volckmar und später noch ein größeres Präludium. Offensichtlich war Schuhmann in seiner Tsingtauer Zeit auch als Organist tätig. In den Jahren 1911 bis 1914 teilte er sich dieses Amt mit seinem Kollegen, dem Lehrer Willy Werner.

Am 20.2. 1911 wurde Schuhmann an die Unterstufe der Deutsch-Chinesischen Hochschule versetzt. Die 6jährige Unterstufe, auch Mittelschule genannt, entsprach ungefähr der entsprechenden Stufe eines deutschen Gymnasiums. Den chinesischen Schülern musste in der Hauptsache Deutsch beigebracht werden, aber sie erhielten auch Unterricht in allgemeiner Geschichte und Geographie, Mathematik, Biologie, Physik und Chemie. Zur Vorbereitung auf diesen neuen Posten hatte er einen Kurs in chinesischer Sprache und Schrift absolvieren müssen. Für das erste Halbjahr benötigte er noch einen Dolmetscher, dann nicht mehr. In den Jahren 1912 und 1913 nahm er an den Gouvernementskursen in Englisch teil und übte seine Sprachkenntnisse im Verkehr mit englischen und französischen Familien. Die Ferien benutzte er, um Land und Leute kennen zu lernen durch größere Reisen ins Innere von China, Korea und Japan.

Im Herbst 1914 endete die 5jährige Beurlaubung aus dem preußischen Schuldienst. Ende Juli 1914 begab er sich in Shanghai auf die „Camilla Rickmers“. Als sie gerade Hongkong angelaufen hatte, brach der Weltkrieg aus. Auf ein Telegramm der Rheederei aus Hamburg fuhr das Schiff sofort weiter nach Manila. Der dortige deutsche Konsul scheint aber Schuhmann, der als Unteroffizier d.R. auch ein Befähigungszeugnis zum Reserveoffizier hatte, überredet zu haben, einen Reservistentransport nach Tsingtau zu führen. Die kleine Gruppe begab sich in Richtung Shanghai auf dem amerikanischen Dampfer „Manchuria“, der aber von einem britischen Kriegsschiff angehalten wurde, welches die deutschen Männer herunterholte ( was völkerrechtswidrig war) und nach Hongkong in die Internierung brachte. Schuhmann wurde nach mehreren Fluchtversuchen nach Australien abgeführt. Erst wurde er in Liverpool bei Sydney festgesetzt, dann in Trail Bay. Die Lagerverhältnisse dort waren sehr primitiv. Trotzdem gelang es den Insassen, verschiedene Unterrichtskurse einzurichten. Schuhmann lehrte in der Hauptsache Chinesisch. Für sich selbst beschäftigte er sich mit Englisch, Französisch, Russisch und etwas Schwedisch.

Am 29. Mai 1919 begann der tragische Rücktransport auf der grippeverseuchten „Kursk“ über Südafrika, England und die Niederlande. Eine ganze Reihe von Mitreisenden erlag der Seuche. Am 26. Juli 1919 erreichte Schuhmann das Elternhaus in Wittenberge. Am 1. Oktober 1919 nahm er die Unterrichtstätigkeit an der Präparende und dem Lehrerseminar in Elsterwerda wieder auf. 1921 legte er die Mittelschulprüfung ab und war seit 1922 Rektor der Mädchenschule in Thale am Harz. 1941 wurde er schließlich noch Mittelschulrektor in Dähre, Kreis Salzwedel. Nach Ende des 2. Weltkrieges wurde er nach Kalbe, Altmark, versetzt als Fachlehrer für Russisch, Englisch und Mathematik. 1950 wurde er pensioniert, verstarb aber noch in demselben Jahr am 19.9.1950 in Wittenberge.

Reinhard Schuhmann war zweimal verheiratet. In erster Ehe seit 1924 mit Agnes Packebusch, die aber 1935 bereits verstarb. Eine Tochter (* 1926) aus dieser Ehe.

Seit 1940 verheiratet mit Ella Schweinecke (1902-1978). Aus dieser Ehe die Söhne Eberhard (* 1941) und Wolfgang (* 1943).

(Quelle: Autobiographische Aufzeichnungen von Reinhard Schuhmann aus dem Jahre 1932. – Mitteilungen von Herrn Wolfgang Schuhmann.)